Tag 1-2: Anreise
Unser erster Besuch in Schottland vergangenes Jahr war, nun ja, ausbaufähig. Ab der Hälfte der Reise hatte ich heftige Rückenschmerzen, wodurch ich eher nur in den Unterkünften herumsitzen statt draußen wandern konnte, der Mietwagen hatte zwischendrin mal einen Platten, und der Wind hatte uns den geplanten Besuch einer naturgeschützten Insel verwehrt, so dass wir nicht einmal richtig Seevögel zu Gesicht bekamen. Aber Landschaft und Leute waren so toll, dass es nahelag, es in diesem Jahr noch einmal zu versuchen. Beim Googeln – irgendwas in Richtung „seabird watching scotland“ – stieß ich auf eine kleine Reederei, die Mehrtagestouren per Schiff zu allen möglichen Inseln Schottlands anbot, quasi mit Garantie für Delfine, Wale, Haie, Robben und alle möglichen Vögel.
Da war ich natürlich ganz schön angeschaltet. Aber angesichts des Preises haben wir das mit Seufzer verworfen. Bis dann nach Weihnachten die jährliche Urlaubsplanung in den Blick rückte und wir schließlich dachten: Hey was soll’s, das muss doch drin sein. Und uns schließlich für eine noch verfügbare 9tägige Tour rund um die westlichen Inseln entschieden in Verbindung mit ein paar Tagen auf Skye, wo es uns in punkto Landschaft aber auch Unterkunft mit am besten gefallen hatte.
Die darauf folgende Planung war etwas mühsam und wacklig wegen beschränkter Mietwagenmöglichkeiten, umständlich zu verbindenden Orten und mittendrin wegfallenden Busangeboten, aber letztlich stand dann doch die ganze Reise.
Sonntagmorgen in aller Frühe ging es los mit einem Flug um sechs Uhr und umsteigen in Amsterdam, Bus vom Flughafen Glasgow in die Innenstadt und einem Bus von dort nach Fort William, vorbei am Loch Lomond und durchs unglaublich schöne Glencoe. Mietwagen abgeholt, in einem preiswerten Hotel übernachtet und am Montagmorgen nach Frühstück im Café und Versorgung im Supermarkt bei schönstem Sonnenschein weiter Richtung Westen gefahren. (Fort William selbst ist nicht besonders reizvoll, es ist eher ein im Sommer hoffnungslos verstopfter Verkehrsknotenpunkt und Versorgungsstation für Scharen von Bergsteigern und -Wanderern des nahe gelegenen Ben Nevis und seiner Nachbarberge.)
In Glenfinnan den vorher recherchierten Zeitpunkt abgepasst, an dem der Jacobite Steam Train das malerische Viadukt überqueren würde – bekannt als Hogwarts-Express aus den Harry-Potter-Filmen – zusammen mit sicher hundert anderen Touristen, die sich auf den Hügeln rundherum postierten. Zuvor das Auto an einer wunderschönen kleinen Kirche über dem Tal geparkt und uns mit einer sehr netten Frau unterhalten, die sich um die Blumen in der Kirche kümmerte. Danach ging es weiter Richtung Mallaig, wo wir mit der Fähre rüber nach Armadale auf Skye übersetzen wollten. Leider fielen an dem Tag wegen Niedrigwassers ein paar Fähren in der Mittagszeit aus, so dass eigentlich schon alles ausgebucht war und wir als dritte in der Standby-Schlange auf nicht erschienene Passagiere hoffen mussten. Aber wir hatten Glück, in letzter Minute kamen wir doch noch so eben mit aufs Schiff. Am Abend erreichten wir so etwas reisemüde aber sonnenbetankt „unser“ Cottage auf Skye.
Tag 3: Quiraing
Mein Anstoß, überhaupt mal Schottland als Reiseziel ins Auge zu fassen, waren ja Fotos von Lisa Rank auf Instagram vor ein paar Jahren, ganz besonders diese zwei vom Quiraing-Gebiet auf der Halbinsel Trotternish auf Skye. Das heißt, natürlich wollte ich diese Landschaft unbedingt auch selbst mal sehen. Der Morgen war zwar bedeckt, aber die Vorhersage versprach spätestens ab Mittag Sonnenschein, und da eine Quiraing-Wanderung nur bei anständigem Wetter geht, war das angesichts schlechter werdenden Wetters für den Rest der Woche vermutlich die einzige Gelegenheit. Dass wir erst spät am Vormittag am winzigen Wandererparkplatz auf der Single-Track-Road zwischen Uig und Staffin ankamen, war natürlich ein strategischer Fehler; nur mit Glück haben wir überhaupt noch einen Platz neben der viel zu engen, längst zugeparkten Straße gefunden.
Als wir losliefen, waren die Hügel noch düster in Wolken gehüllt und es war frisch und zuweilen ganz schön windig, was die neblige, vor Urzeiten von der Hügelkante abgebrochene Felsenlandschaft um so unwirklicher machte. Als wir nach der Hälfte der Strecke und steilem Anstieg den Bogen zurück über den Gipfel machten – inzwischen weitgehend für uns alleine laufend – brachen die Wolken allmählich auf und gaben immer mehr den Blick auf die Bucht, das gegenüberliegende Gebirge der schottischen Westküste und auch die umliegenden, isländisch-kargen Berge frei. Weit oben zwischen Sonnenflecken in dieser fantastischen Landschaft zu wandern werde ich so schnell nicht wieder vergessen. Magisch.
Tag 4: Regentag
Den Mittwoch verbrachten wir bei dunkelgrauem Himmel und ständigem Regen komplett drinnen, ich zumal mit einer beginnenden Erkältung und Halsschmerzen. In einem Hotelzimmer wäre das ein furchtbarer Tag geworden, aber im Cottage mit seinem großen Wohn-Esszimmer und Ausblick auf einen Garten und Schafe nebenan war es um so gemütlicher. Einer der Gründe, warum wir genau dort wieder gebucht hatten (und generell überzeugte Ferienwohnungs-Urlauber sind).
Tag 5: Talisker, Portree und Sligachan
Für Donnerstag waren Schauer mit Aufheiterungen angesagt, so fuhren wir nach Talisker (ein winziger Weiler mit einer Handvoll Häuser – die gleichnamige Whisky-Distillerie ist im größeren Nachbardorf) und liefen zum Strand und zurück. Bei der Rückkehr trafen wir auf ein paar Pfauen und waren froh, ein leuchtend oranges Mietauto bekommen zu haben und kein blaues. In Carbost, wo inzwischen massig Touristen die Distillerie ansteuerten, kauften wir frische Meeresfrüchte und tranken während eines heftigen Schauers Kaffee in einem Pub. Weil es immer noch schauerte, machten wir erst einmal einen Abstecher zum sympathischen Hauptort Portree für einen kleinen Bummel zum Hafen und um Lebensmittel zu kaufen. Danach ging es nach Sligachan, was eigentlich kein nennenswerter Ort wäre, wenn dort nicht mehrere Flüsse aus den umliegenden Cuillins (dem höchsten Gebirge auf Skye) in kleinen Wasserfällen bis zu einer malerischen Steinbrücke zusammenkämen. Der Bog Factor – so stuft die Website Walk Highlands ihre Wanderpfade schlammmäßig ein – war hoch, aber die wechselnden Wolken und kleinen Sonnenlöcher sorgten für eine großartige Kulisse.
Tag 6: Fairy Glen und Neist Point
Aus der Erfahrung schlauer geworden fuhren wir direkt nach dem Frühstück los und waren um neun Uhr tatsächlich die ersten oder zweiten Besucher im Fairy Glen, einem wunderlichen kleinen Tal voller grüner Hügelchen und Felsentürmchen, in dem man nicht nur als Kind stundenlang herumlaufen könnte. Angesichts der vielen anderen Touristen, die die Szene eine Stunde später schon wieder bevölkerten, fuhren wir aber lieber weiter. In Dunvegan tranken wir Cappuccino und aßen hausgemachte Schokolade, und dann ging es auf Single Track Roads zur äußersten westlichen Inselspitze, dem Neist Point mit einem Leuchtturm an einer dramatischen Steilküste, wo ich endlich auch einmal Kormorane und Basstölpel zu sehen bekam.