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Schottland 2017, Tage 7-9: Oban, Tobermory und St. Kilda

von Oban nach St. Kilda
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Tag 7: Reise nach Oban und Tobermory

Früh um sieben ging es los, bei Regen in zweieinhalb Stunden bis nach Fort William, um das Auto zurückzugeben. Dann mit einem Linienbus nach Oban, einem quirligen Hafenstädtchen, das uns auch mit Regengüssen begrüßte. Wir hatten noch ein paar Stunden bis zur Abfahrt, konnten aber schon mal unser Gepäck aufs Schiff geben und aßen in einem Pub/Restaurant Fish and Chips. Um halb vier ging es dann endgültig an Bord. Mit uns waren noch 9 andere Gäste an Bord sowie unser Skipper, seine Lebensgefährtin, eine Schiffsköchin und ein Maat. Ich hätte mehr Mittvierziger-Outdoor-Menschen vermutet, aber wir waren nicht nur die einzigen Ausländer, sondern auch die jüngsten Passagiere; die anderen eher zwischen 60 und Anfang 70, so ziemlich alle aus dem Süden Englands: Ein Ehepaar, eine allein reisende Frau, zwei allein reisende ältere Herren und vier Brüder – was rührend war; drei von ihnen hatten dem vierten die Reise zum Geburtstag geschenkt, nachdem seine Frau vor ein paar Monaten gestorben war.

Die Hjalmar Bjørge ist ein in den 60ern gebautes, voll hochseetaugliches ehemaliges Schiff der norwegischen Küstenrettung, was modernisiert und für den Passagierbetrieb ausgebaut wurde. Es wirkt mit seinen gut 20 Metern Länge ziemlich klein und die Kabinen unter Deck waren größtenteils wirklich winzig, aber letzten Endes kam man doch erstaunlich schnell und gut zurecht. Es mag am Wasserspargebot gelegen haben, aber die drei WCs, davon zwei kombiniert mit Duschen reichten für die insgesamt 15 Leute an Bord absolut aus. Nur ein einziges Mal fand ich eine Toilette besetzt, und das war ausgerechnet mitten in der Nacht.

Nach ein paar Sicherheits- und Verhaltenshinweisen an Bord ging es los, durch den Sound of Mull bis nach Tobermory. Wir ankerten in der Hafenbucht ohne an Land zu gehen und bekamen unser erstes Dinner: drei Gänge plus Käseplatte/Cracker und Kaffee, so wie an jedem weiteren Abend. Draußen regnete es, das Schiff schaukelte sanft und drehte sich dabei, so dass die Aussicht auf die hübsche Hafenzeile, die Kormorane und die anderen Boote sich dauernd veränderte, ein bisschen wie in einem sich drehenden Fernsehturmrestaurant. Wir gingen auch nicht mehr an Land, sondern verbrachten den Abend und eine wunderbar ruhige, leicht schaukelnde Nacht an Bord.

Tag 8: nach St. Kilda

Tim, unser Skipper, hatte am Abend schon angekündigt, dass die Wetterlage in den nächsten Tagen so günstig sei, dass er so schnell wie möglich Richtung St. Kilda wollte, mit nächtlicher Zwischenstation an den Monach Islands, d.h. er würde schon früh morgens um fünf die Motoren anwerfen. Die kleine Inselgruppe St. Kilda liegt noch einmal gut 60 Kilometer westlich der äußeren Hebriden mitten im Nordatlantik, und eine Passage dorthin wird wegen der häufigen Stürme nicht garantiert, deswegen sollte die Gelegenheit genutzt werden. Das Wetter war grau und windig, und kurz nach Verlassen des Sound of Mull wurde das Schiff in der Hebridischen See ganz schön durchgeschüttelt, so dass ich tatsächlich erst einmal seekrank wurde. Reihern musste ich gottseidank nicht, aber mir war übel und ich bekam kalte Schweißausbrüche, so dass ich mich erst einmal wieder in die Koje zurückzog. Liegen und schlafen gingen erstaunlich gut, so dass ich später am Vormittag einigermaßen wieder fit war und Seekrankheit für den Rest der Reise auch nicht mehr wiederkehren sollte. (Die Möwe hat dagegen noch den Rest des Tages gebraucht.)

Im Sound von Barra plötzlich ertönte der Ruf „Dolphins!“ und alle liefen an Deck. Eine Schule Großer Tümmler hatte unser Schiff entdeckt und sich genähert; offenbar lieben sie es – im Gegensatz zu anderen, eher schüchternen Arten – sich in die Bugwelle zu begeben und ein paar Minuten lang enthusiastisch mitzuschwimmen und zu -springen. Wie großartig.

 

 

Die Fahrt schien ansonsten endlos, zwischendurch gab es auch Mittagessen, und erst irgendwann am Nachmittag erreichten wir vorbei an Süd- und Nord Uist die Monach Islands.

Es sollte eine Wet Landing geben, so standen wir schon alle mit Schwimmweste und hochgekrempelten Hosen bereit, um bald ins Schlauchboot zu steigen. Tim und Craig, der Maat, versuchten daraufhin bestimmt eine Dreiviertelstunde lang, an sieben unterschiedlichen Stellen in der Bucht vor der Insel zu ankern, aber erfolglos; der Anker schlug nur auf Felsen. Offenbar hatte die See im vergangenen Winterhalbjahr allen Sand aus der Bucht geschwemmt. Die Fahrt hatte uns alle geschafft, und eigentlich sollten wir ein wenig auf den flachen Dünen spazieren, die große Kegelrobbenkolonie am Strand besuchen und dann die Nacht in der Bucht verbringen. Sichtlich betrübt teilte uns Tim mit, dass das nun alles hinfällig war, es bliebe die Alternative, gleich bis Kilda durchzufahren.

So ging es – bei inzwischen deutlich stiller gewordener See – noch einmal weitere fünf Stunden gen Westen, bis wir schließlich im Abendlicht St. Kilda erreichten und in der großen Bucht der Hauptinsel Hirta ankern konnten, wo hunderte Papageientaucher und andere Vögel auf dem ruhigen Wasser saßen. Well done!, sagte Tim scherzhaft zu uns, als er vom Ruderhaus runter kam, und tatsächlich waren wir auch als Passagiere froh, die 15 Stunden Fahrt gemeistert zu haben.

Tag 9: St. Kilda

Nach dem Frühstück fuhren wir mit dem Schlauchboot zum Pier, um – ausgerüstet mit Lunchpaketen – den ganzen Tag auf der Insel verbringen zu können. St. Kilda ist gleichzeitig Natur- und Kulturerbe der Unesco und hat eine bewegende Geschichte. Auf Schritt und Tritt ist es nach wie vor kaum vorstellbar, wie auf diesem abgeschiedenen Stückchen Felsen im Atlantik seit dem Altertum dauerhaft Menschen leben konnten, die sich im Wesentlichen von den abertausenden von Seevögeln ernährten. 1930, nachdem Krankheiten und Kindersterblichkeit unerträglich geworden waren und den Bewohnern durch den mittlerweile dauerhaften Kontakt mit Touristen und anderen Menschen die Schwere ihrer Lebensbedingungen vor Augen stand, hatten die letzten Einwohner die Insel verlassen. Heute leben dort nurmehr ein paar Militärangehörige, die eine Radarstation betreiben, und eine Reihe von Freiwilligen, die vor allem im Sommer den Ort in Schuss halten und die Tagestouristen betreuen. Zudem waren gerade ein paar Wissenschaftler_innen auf der Insel, die mit großen Spektiven und Tablets die Soayschafe zählten (hier einen Witz über ständiges Einschlafen einfügen), die eine ganz eigene, sehr robuste Rasse St. Kildas sind und dort tatsächlich wild und ohne „Bewirtschaftung“ durch Menschen leben.

Wir stiegen zu den mehrere hundert Meter ins Meer abfallenden Felskanten, genossen die Sonne, ich provozierte einen Skua-Angriff (die Schmarotzerraubmöwen hatten noch Junge und waren entsprechend biestig drauf, aber wenn man den Angriff rechtzeitig merkt, kann man ihn durch einen hochgehaltenen Stock oder in meinem Fall hochgerissene Kamera + Objektiv abwehren :) und wir warfen einen Blick ins Schul- und Kirchengebäude, das nurmehr Museumscharakter hat. Ein beeindruckender Ort.

Schottland 2017, Tage 1-6: Anreise und Skye

Tag 1-2: Anreise

Unser erster Besuch in Schottland vergangenes Jahr war, nun ja, ausbaufähig. Ab der Hälfte der Reise hatte ich heftige Rückenschmerzen, wodurch ich eher nur in den Unterkünften herumsitzen statt draußen wandern konnte, der Mietwagen hatte zwischendrin mal einen Platten, und der Wind hatte uns den geplanten Besuch einer naturgeschützten Insel verwehrt, so dass wir nicht einmal richtig Seevögel zu Gesicht bekamen. Aber Landschaft und Leute waren so toll, dass es nahelag, es in diesem Jahr noch einmal zu versuchen. Beim Googeln – irgendwas in Richtung „seabird watching scotland“ – stieß ich auf eine kleine Reederei, die Mehrtagestouren per Schiff zu allen möglichen Inseln Schottlands anbot, quasi mit Garantie für Delfine, Wale, Haie, Robben und alle möglichen Vögel.

Da war ich natürlich ganz schön angeschaltet. Aber angesichts des Preises haben wir das mit Seufzer verworfen. Bis dann nach Weihnachten die jährliche Urlaubsplanung in den Blick rückte und wir schließlich dachten: Hey was soll’s, das muss doch drin sein. Und uns schließlich für eine noch verfügbare 9tägige Tour rund um die westlichen Inseln entschieden in Verbindung mit ein paar Tagen auf Skye, wo es uns in punkto Landschaft aber auch Unterkunft mit am besten gefallen hatte.

Die darauf folgende Planung war etwas mühsam und wacklig wegen beschränkter Mietwagenmöglichkeiten, umständlich zu verbindenden Orten und mittendrin wegfallenden Busangeboten, aber letztlich stand dann doch die ganze Reise.

Sonntagmorgen in aller Frühe ging es los mit einem Flug um sechs Uhr und umsteigen in Amsterdam, Bus vom Flughafen Glasgow in die Innenstadt und einem Bus von dort nach Fort William, vorbei am Loch Lomond und durchs unglaublich schöne Glencoe. Mietwagen abgeholt, in einem preiswerten Hotel übernachtet und am Montagmorgen nach Frühstück im Café und Versorgung im Supermarkt bei schönstem Sonnenschein weiter Richtung Westen gefahren. (Fort William selbst ist nicht besonders reizvoll, es ist eher ein im Sommer hoffnungslos verstopfter Verkehrsknotenpunkt und Versorgungsstation für Scharen von Bergsteigern und -Wanderern des nahe gelegenen Ben Nevis und seiner Nachbarberge.)

In Glenfinnan den vorher recherchierten Zeitpunkt abgepasst, an dem der Jacobite Steam Train das malerische Viadukt überqueren würde – bekannt als Hogwarts-Express aus den Harry-Potter-Filmen – zusammen mit sicher hundert anderen Touristen, die sich auf den Hügeln rundherum postierten. Zuvor das Auto an einer wunderschönen kleinen Kirche über dem Tal geparkt und uns mit einer sehr netten Frau unterhalten, die sich um die Blumen in der Kirche kümmerte. Danach ging es weiter Richtung Mallaig, wo wir mit der Fähre rüber nach Armadale auf Skye übersetzen wollten. Leider fielen an dem Tag wegen Niedrigwassers ein paar Fähren in der Mittagszeit aus, so dass eigentlich schon alles ausgebucht war und wir als dritte in der Standby-Schlange auf nicht erschienene Passagiere hoffen mussten. Aber wir hatten Glück, in letzter Minute kamen wir doch noch so eben mit aufs Schiff. Am Abend erreichten wir so etwas reisemüde aber sonnenbetankt „unser“ Cottage auf Skye.

Tag 3: Quiraing

Mein Anstoß, überhaupt mal Schottland als Reiseziel ins Auge zu fassen, waren ja Fotos von Lisa Rank auf Instagram vor ein paar Jahren, ganz besonders diese zwei vom Quiraing-Gebiet auf der Halbinsel Trotternish auf Skye. Das heißt, natürlich wollte ich diese Landschaft unbedingt auch selbst mal sehen. Der Morgen war zwar bedeckt, aber die Vorhersage versprach spätestens ab Mittag Sonnenschein, und da eine Quiraing-Wanderung nur bei anständigem Wetter geht, war das angesichts schlechter werdenden Wetters für den Rest der Woche vermutlich die einzige Gelegenheit. Dass wir erst spät am Vormittag am winzigen Wandererparkplatz auf der Single-Track-Road zwischen Uig und Staffin ankamen, war natürlich ein strategischer Fehler; nur mit Glück haben wir überhaupt noch einen Platz neben der viel zu engen, längst zugeparkten Straße gefunden.

Als wir losliefen, waren die Hügel noch düster in Wolken gehüllt und es war frisch und zuweilen ganz schön windig, was die neblige, vor Urzeiten von der Hügelkante abgebrochene Felsenlandschaft um so unwirklicher machte. Als wir nach der Hälfte der Strecke und steilem Anstieg den Bogen zurück über den Gipfel machten – inzwischen weitgehend für uns alleine laufend – brachen die Wolken allmählich auf und gaben immer mehr den Blick auf die Bucht, das gegenüberliegende Gebirge der schottischen Westküste und auch die umliegenden, isländisch-kargen Berge frei. Weit oben zwischen Sonnenflecken in dieser fantastischen Landschaft zu wandern werde ich so schnell nicht wieder vergessen. Magisch.

Tag 4: Regentag

Den Mittwoch verbrachten wir bei dunkelgrauem Himmel und ständigem Regen komplett drinnen, ich zumal mit einer beginnenden Erkältung und Halsschmerzen. In einem Hotelzimmer wäre das ein furchtbarer Tag geworden, aber im Cottage mit seinem großen Wohn-Esszimmer und Ausblick auf einen Garten und Schafe nebenan war es um so gemütlicher. Einer der Gründe, warum wir genau dort wieder gebucht hatten (und generell überzeugte Ferienwohnungs-Urlauber sind).

Tag 5: Talisker, Portree und Sligachan

Für Donnerstag waren Schauer mit Aufheiterungen angesagt, so fuhren wir nach Talisker (ein winziger Weiler mit einer Handvoll Häuser – die gleichnamige Whisky-Distillerie ist im größeren Nachbardorf) und liefen zum Strand und zurück. Bei der Rückkehr trafen wir auf ein paar Pfauen und waren froh, ein leuchtend oranges Mietauto bekommen zu haben und kein blaues. In Carbost, wo inzwischen massig Touristen die Distillerie ansteuerten, kauften wir frische Meeresfrüchte und tranken während eines heftigen Schauers Kaffee in einem Pub. Weil es immer noch schauerte, machten wir erst einmal einen Abstecher zum sympathischen Hauptort Portree für einen kleinen Bummel zum Hafen und um Lebensmittel zu kaufen. Danach ging es nach Sligachan, was eigentlich kein nennenswerter Ort wäre, wenn dort nicht mehrere Flüsse aus den umliegenden Cuillins (dem höchsten Gebirge auf Skye) in kleinen Wasserfällen bis zu einer malerischen Steinbrücke zusammenkämen. Der Bog Factor – so stuft die Website Walk Highlands ihre Wanderpfade schlammmäßig ein – war hoch, aber die wechselnden Wolken und kleinen Sonnenlöcher sorgten für eine großartige Kulisse.

Tag 6: Fairy Glen und Neist Point

Aus der Erfahrung schlauer geworden fuhren wir direkt nach dem Frühstück los und waren um neun Uhr tatsächlich die ersten oder zweiten Besucher im Fairy Glen, einem wunderlichen kleinen Tal voller grüner Hügelchen und Felsentürmchen, in dem man nicht nur als Kind stundenlang herumlaufen könnte. Angesichts der vielen anderen Touristen, die die Szene eine Stunde später schon wieder bevölkerten, fuhren wir aber lieber weiter. In Dunvegan tranken wir Cappuccino und aßen hausgemachte Schokolade, und dann ging es auf Single Track Roads zur äußersten westlichen Inselspitze, dem Neist Point mit einem Leuchtturm an einer dramatischen Steilküste, wo ich endlich auch einmal Kormorane und Basstölpel zu sehen bekam.

17.07. – Gesundheitstraining, ein Vierteljahr später

Ich hatte mir bei der Rückkehr von meinem betrieblich geförderten Gesundheitstraining drei Ziele vorgenommen. Kleine Zwischenbilanz, dreieinhalb Monate später.

Was noch nicht geklappt hat: Kraft und Beweglichkeit, vor allem für den Rücken.

Hier habe ich noch keinen Drive für regelmäßige Übungen entwickelt. Umgekehrt habe ich auch seit der Rückkehr keinerlei Problem mit der Lendenwirbelsäule mehr gehabt. Vielleicht ist das Problem, dass ich meinen Rücken ignoriere, solange ich nicht (ungut) daran erinnert werde, das ich einen habe. Das Thema ist aber noch nicht durch, nach dem Urlaub will ich es angehen.

Was ganz gut geklappt hat: Nur so lange essen, bis ich satt bin.

Zwar gibt es Tage, an denen ich ständig essen könnte, und wenn irgendwas einfach zu lecker ist, kann ich immer noch schwer aufhören. Aber unter dem Strich sind die Portionen kleiner geworden, ich stopfe mich nicht mehr unnötig voll (z. B. nur um in der Kantine unbedingt den Teller zu leeren), bin trotzdem satt und fühle mich insgesamt wohler.

Zwar viel langsamer als während der drei Wochen Gesundheitstraining, aber ein bisschen habe ich noch weiter abgenommen.

Was so richtig gut geklappt hat: An 5 Tagen die Woche mindestens 40 min. walken oder radeln.

An mittlerweile 66 von 103 Tagen bin ich morgens gelaufen (eine Woche ausgesetzt wg. Halsentzündung), plus mehrere Tage mit mehrstündigen Wanderungen oder Radtouren stattdessen. Auch, als ich beruflich oder privat unterwegs war, in Dessau, Bamberg oder Günzburg.

Ich gehe abends nicht mehr so spät, d.h. vor Mitternacht ins Bett, stehe um kurz vor halb sieben auf, ziehe mir verschlafen die Sportklamotten über und walke los: eine knappe Dreiviertelstunde über die Felder, gut 5 Kilometer, am Wochenende auch mal weiter. Nach wie vor ohne Stöcke übrigens, über asphaltierte Wirtschaftswege. Frische Luft, weiter Himmel, Tiere, vor allem am Wochenende zuweilen ganz alleine um diese Uhrzeit unterwegs, wundervoll. Und so lange es nicht total schüttet, ist mein Wohlbefinden auch nicht sonderlich vom Wetter abhängig (ein nachhaltiger Effekt der Islandurlaube). Wenn ich zurück bin, frühstücken die Möwe und ich gemeinsam, was wir früher kaum hinbekamen. Danach ist immer noch Zeit mich zu duschen und anzuziehen und ich fahre so wach und frisch ins Büro wie ich es früher selten war. Meine produktivste Tageszeit ist nach wie vor der späte Nachmittag und frühe Abend, aber auch am Vormittag ist mein Hirn jetzt zu was zu gebrauchen.

Wichtig ist, dass ich mein Tempo ganz alleine bestimmen kann. Mal walke ich entspannt, einen Tag später habe ich Lust ein bisschen mehr durchzuziehen, und an einem dritten wechsle ich vielleicht ein paar mal ins Joggen. Oder auch nicht. Ich muss auf niemanden Rücksicht nehmen und – was noch unangenehmer wäre – auch niemand auf mich. Ich muss keine Rekorde brechen, muss auf keinen Sportjunkie-Typen hören, der meint, sein Triezen wäre irgendwie motivierend, und die einzigen, die mich sehen, sind die Bauern und Erntehelfer (und wenn die ihren Kopf über den Heiopei schütteln, der da durch den Nieselregen stapft, ist das völlig in Ordnung). Ich merke trotzdem, oder vielleicht gerade wegen der sportlichen Mäßigung, wie Puls und gelaufene Zeit für die gleiche Strecke allmählich sinken und ich länger durchhalte. Also das, was ich eigentlich will.

„Ich könnte das nicht, jeden Morgen, und dazu noch so früh!“, haben mir schon ein paar gesagt. Aber ehrlich gesagt freue ich mich so sehr über die ganzen positiven Effekte, von der Ausdauer bis zum erfüllteren Tagesablauf, dass ich mich zu den Morgenrunden gar nicht überwinden muss.

(Alternative These: Zehn Minuten nach dem Aufwachen bin ich noch so verpennt, dass mein Ich mit dem Anziehen und Loslaufen immer schon überrumpelt wird, bevor es sich richtig wehren kann. :)

Ach, ich hoffe, das bleibt so. Und dass das mit dem Rückentraining auch noch was wird.

Mäusebussard

Wenn es draußen ungewohnt fiept oder zwitschert, muss ich nachschauen. In diesem Fall war es ein junger Mäusebussard, der lange auf seiner Baumkrone saß und vor sich hin rief. Als sein Elternvogel ankam, flog er auf und hinterher – ich hielt die Kamera hin und erst auf den Fotos später sah ich, dass da mitten in der Luft eine Mausübergabe stattgefunden hatte – der Altvogel ließ sie fallen und Junior musste sich hinterherstürzen. Training, sozusagen. Stark.

(Für solche Fotos hat @petramoeser, die auf Instagram täglich Tiere und Landschaften aus dem Westerwald postet, übrigens den schönen Hashtag #fenstersafari erfunden.)