Archiv der Kategorie: Arbeit

16.10. – Wahlhelfer, Arbeit, Dota

Durch Fr. Kaltmamsell und später Fr. Gröner auf die Idee gebracht, meldete ich mich bei der Stadt im Sommer 2017 ebenfalls als Wahlhelfer für die damals anstehende Bundestagswahl, bekam aber auf meine Bewerbung nie eine Antwort. Bis vor knapp drei Monaten, als mich die Stadt anschrieb, ob ich für die bayerische Landtags- und Bezirkstagswahl am 14. Oktober zur Verfügung stünde. Ich sagte zu, als Beisitzer für die Nachmittagsschicht in einem Wahllokal in meinem Stadtviertel. Auf normale Angestellte schien man im Wahlamt eher nicht eingestellt zu sein, jedenfalls war die Einführungsveranstaltung in der Stadthalle neulich an einem Donnerstag um halb drei zeitlich eher schwierig. Aber gut, immerhin hatte die große Nachbarstadt einen Foliensatz im Netz, der Abläufe und Auszählungsregeln sehr gut erklärte. (So gut, dass ich am Sonntagabend neben dem Wahlvorstand der Einzige von den neun Helfern war, der z. B. wusste, dass mehrfache Zweitstimmen unter Umständen gültig waren und wie sie gezählt würden.)

Der Morgen begann mit Lektorendienst um halb elf in der Kirche, danach frühstückten die Möwe und ich ausgiebig im Bäckereicafé eine Ecke weiter, schließlich würde ich für den Rest des Tages nurmehr mitgebrachtes Studentenfutter bekommen. Gegen zwanzig vor Eins stand ich im Wahllokal der ebenfalls benachbarten Grundschule. Als Neuling bekam ich einen der beiden einfachen Jobs: am Eingang zum Klassenzimmer die mitgebrachte Wahlbenachrichtigung checken („Ah ja, hier sind Sie richtig. Nein danke, Personalausweis brauche ich nicht.“) und die vier Wahlzettel aushändigen. Beziehungsweise wenn jemand ohne Benachrichtigung kam, ihn/sie an den Tisch mit dem Wählerverzeichnis zu verweisen. Der andere einfache Job ist übrigens, die Urnen zu überwachen und nur nach erfolgreichem Wählerverzeichnis-Check am Nachbartisch zuzulassen, dass die zwei blauen (Bezirkstag) und weißen (Landtag) Zettel eingeworfen werden.

Der Sonntagnachmittag war schön, draußen auf dem Schulhof leuchteten die Bäume in allen Farben, die Fürther Kirchweih einen Kilometer entfernt hatte ihren letzten Tag, und so wurde es nach einem größeren Andrang zwischen ein und zwei Uhr, wo tatsächlich Leute Schlange standen, am Nachmittag sehr gemächlich. Der Rest des Teams schien sich seit langem als solches zu kennen, also immer wieder zusammen eingesetzt zu werden. Ich war vermutlich der Jüngste, ein Ehepaar knapp drüber, der Rest der Leute eher Ende 50 und in den 60ern, und man duzte sich. Interessant fand ich, dass zwei der Wahlhelfer mit deutlichem Akzent sprachen (einmal italienisch, einmal osteuropäisch), der sie als eingebürgert verriet. So wie überhaupt auch viele der Wählenden türkische oder osteuropäische Namen hatten – einfach ein schön buntes Viertel. Besonders in Erinnerung ist mir eine Frau, schätzungsweise Ende 20 mit arabischem Namen, begleitet von ihrem nicht wählenden Vater, die so frisch eingebürgert war, dass man ihren Eintrag im Wählerverzeichnis erst nach einer Weile fand. Wie aufgeregt und stolz sie war, ihre Stimme abzugeben!

Nach Wahlende um 18 Uhr begann dann eine vierstündige Papierorgie ohne Pause, in der die zusammen anderthalb Tausend kleinen und großen Zettel entfaltet, gecheckt, sortiert, gestapelt, gezählt und wieder gestapelt wurden, ein nicht enden wollender Lärm aus Papierknistern und -flattern, vor sich hin gemurmelten Zahlen und vereinzelten Rufen („Hat schon jemand die V³-Partei?“, „Wo sind denn die Freien Wähler, die lagen doch eben noch hier?“). Es war anstrengend, aber auch schön, als schließlich alle Zählungen passten, also die Zahl der abgehakten Wähler im Verzeichnis übereinstimmte mit der Strichliste neben der Urne mit der Zahl der Stimmzettel mit der Zahl der ermittelten Kandidatenstimmen. Wobei es durchaus einen Moment gab, in dem ich mich ganz undemokratisch darüber freute, dass die Wahlbeteiligung in unserem Wahllokal nur bei 40% lag. Inzwischen weiß ich, dass unser „Dienstschluss“ um kurz vor zehn Uhr auch durchaus nicht spät war, wenn man so hört, wie es in München lief. Wobei ich allerdings auch nicht nachvollziehen kann, warum man das enorm aufwändige Zweitstimmenverfahren unbedingt auch beim Bezirkstag braucht, einem offiziell nur 24 Abgeordnete starken Gremium (diesmal wurden es wegen Überhangmandaten 33) mit sehr klar umrissenen Aufgaben hauptsächlich im Bereich Bildung, Kultur und Soziales.

Aber insgesamt war es spannend und hat Spaß gemacht. Ich mag diese langweilige, deutsche Demokratie mit ihren unspektakulären Wahlen, in Klassenzimmern unserer Schulen, die ja auch gleich schon mal einen wichtigen Ort unseres Gemeinwesens darstellen, für den wir Steuern zahlen und auf den unsere Entscheidungen Auswirkungen haben. Und mitzuerleben, mit welchen einfachen Mitteln sichergestellt wird, dass Wahlmanipulationen größeren Stils praktisch nicht möglich sind, finde ich ausgesprochen beruhigend. Weswegen ich auch entschieden gegen zentralisierte, rein elektronische Systeme bin.

Ich hoffe, zu den Europawahlen nächsten Mai werde ich wieder rekrutiert.

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Auf dem Heimweg mit dem Fahrrad begann zufällig gerade, als ich die große Wiese mit der freien Sicht aufs Zentrum passierte, das Abschlussfeuerwerk der Fürther Kärwa. So konnte ich zum ersten Mal quasi auf einem fernen Logenplatz und in voller Länge alles anschauen, wovon ich in den vergangenen Jahren immer nur das Geknatter mitbekommen hatte. Wusstet ihr, dass es inzwischen Raketen gibt, die Smilies und Herzen an den Himmel werfen?

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Das Projekt, für das ich im Büro jetzt zwei Monate lang verstärkt reingekloppt habe, hat gestern Abend mit einer Präsentation vorm unlängst ausgewechselten Management seinen wichtigsten Meilenstein passiert. Die neuen Chefs waren ausgesprochen angenehm, ihre kritischen Nachfragen absolut in Ordnung, wir bekamen unsere Unterschriften, und schließlich gab es große Gratulation von allen Seiten. Und nicht zu vergessen, wir haben ein klasse Produkt gemacht, das jetzt Zug um Zug intern und extern gelauncht wird. Darin steckt noch jede Menge weitere Arbeit, aber das wichtigste Etappenziel ist genommen. Allerdings war ich nach dem Vortrag so vollkommen groggy und hinüber, dass ich mir für heute einen freien Tag genommen habe, was mir sehr gut getan hat. Abgesehen davon wäre mein Hirn im Büro heute ohnehin nicht produktiv gewesen.

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Irgendwann vor Jahren hatte ich im Netz schon mal Dota Kehr entdeckt, vermutlich auf tvnoir oder in den Küchensessions, dann aber wieder aus den Augen verloren. Nun hat sie vergangenen Monat ein neues Album („Die Freiheit“) rausgebracht, und es ist großartig. Gute Texte zwischen Liebesliedern und Gesellschaftskritik, von unbeschwert bis hintergründig-böse, von Milliardären, die den Planeten verlassen, unverbindlichen Liebschaften, Sexismus, Zuversicht vermittelnden Schwangeren im Baumarkt, Überwachungsstaat, … Klare Stimme, ungewohnt schöne, ohrwurmige Melodien und knackige Arrangements – so viel Freude an einer neuen Entdeckung hatte ich schon lange nicht mehr. Große Empfehlung!

Anspieltipps:

15.9. – Polizeiberichte, Instagram, Büro

Vor einigen Tagen widmete sich Vice dem Fall einer Frau, die offensichtlich wegen eines Antifastickers in einem Münchener Park von jemandem beschimpft und bewusstlos geschlagen wurde – und dem Fehlen jeder Notiz darüber im Polizeibericht. Gleichzeitig werden andere Vorfälle in der Stadt, darunter auch vergleichbare Gewaltdelikte durchaus gemeldet, vor allem auch inklusive jeder nicht-deutschen Nationalität von Beteiligten. In der Antwort der Polizei auf die Frage, nach welchen Kriterien etwas Eingang in ihren Bericht findet, gibt sie selbst zu erkennen, welche Gewalt sie für berichtenswert und im öffentlichen Interesse betrachet und welche nicht, in welchen Fällen schwebende Ermittlungen ein Hindernis sind, während in anderen Fällen auch ohne ermittelten Hintergrund Meldungen rausgegeben werden.

Dieses Ungleichgewicht hat System, was dieser äußerst lesenswerte Hintergrundbericht von correctiv.org am Beispiel der Stadt Wien aufzeigt: Welche Vorfälle Polizeidienststellen auswählen, worüber sie fast gar nicht berichten, und wie das mit Hilfe der Medien, die meist 1:1 übernehmen, was gemeldet wird, die öffentliche Wahrnehmung von Sicherheit und Gewaltbedrohung formt. Zitat eines Kriminalsoziologen:

„Die Polizei hat es gern, wenn die Gesellschaft ordentlich und sauber ist. Nach dem Muster: Wir sind die Normtreuen, und dann gibt es am Rand der Gesellschaft die Bösen, die Handtaschen rauben oder mit Drogen dealen.“ Gewalt aus der Mitte der Gesellschaft, Rassismus oder Vergewaltigungen zum Beispiel, passe nicht in dieses Bild.

Besondere Probleme scheint die Polizei immer zu haben, Straftaten von rechts als solche zu erkennen und zu behandeln. Nicht nur die gefärbte Auswahl der Polizeiberichte, sondern sogar Verfahrensweisen von Polizei und Justiz sorgen oft dafür, dass sie gar nicht erst auftauchen. Also vom oben genannten Fall, wo erst ein Staatsanwalt einer Veröffentlichung zustimmen müsste (warum zum Teufel?), bis hin zu den Mordopfern des NSU, die auch jetzt, Jahre später und nach abgeschlossenem Prozess nicht als Opfer rechten Terrors auftauchen, weil – festhalten! – der Eingangsverdacht ein anderer war. So lässt die gleiche Blindheit für rechte Gewalt, die das jahrelange NSU-Morden überhaupt mit ermöglicht hat, auch heute noch die Opfer verschwinden.

Man muss sich immer bewusst sein, dass die Polizei eine Menge Hebel – vom Eingangsverdacht über Ermittlungswillen, Auswahl der berichtenswerten Meldungen, dem darin vermittelten Bild von Polizist*innen und anderen beteiligten Personen bis hin zur Statistik – in unserer medialen Wahrnehmung von Kriminalität in der Hand hält. Und bei allem Respekt für polizeiliche Arbeit agiert sie mit eigenem politischen Interesse und hat nach wie vor Probleme auf dem rechten Auge. Ich lese Polizeiberichte und darauf basierende Nachrichten (nicht zu vergessen auch Polizeitweets) deswegen schon seit Jahren nur mit Vorsicht.

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Zurückgekehrt auf Instagram. Um den Jahreswechsel hatte ich die Nase voll; man öffnete die App, sah ein Foto, wollte es womöglich kommentieren, in dem Moment aktualisierte sich die Timeline und man fand das Foto nie wieder. An Silvester wurden mir Fotos von Heiligabend-Bescherungen angezeigt. Zuweilen war jedes dritte Posting der Timeline Werbung, teilweise mit unaufgefordert loslaufenden Videos mit Ton.

Mit der Werbung ist es in der Zwischenzeit nicht besser geworden und chronologische Timelines sind auch nicht zurückgekehrt. Aber zumindest scheint der Algorithmus nur noch die letzten zwei Tage durcheinanderzuwürfeln und zeigt einem auch an, wenn man alles davon gesehen hat. Das Mitlesen hatte ich ohnehin nie ganz aufgehört, einfach weil mich eure Fotos und was ihr so den Tag über macht natürlich weiter interessiert haben (zumal bei denen, die nicht auch auf Twitter sind). Im Urlaub gab es außerdem das eine oder andere Foto, was ich gerne auf Instagram geteilt hätte. Nun, das hole ich jetzt ein wenig nach.

Dieser Anblick auf meiner Morgenrunde gab den letzten Anstoß:

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Auf Instagram fiel jemandem, der offenbar auf den Färöern Skuas beringt, eines meiner Skua-Fotos auf (alleine für soetwas ist Instragram cool) und er fragte, ob man den Ringcode auf dem Foto entziffern könne. Es stellte sich heraus, dass sie nicht zu „seinen“ Vögeln gehörte, aber ich habe ein wenig gegoogelt und eine Seite gefunden, auf der man Sichtungen farblich beringter Vögel melden kann, beziehungsweise die Kontaktperson des jeweiligen Beringungsprojekts finden. So habe ich diese Skua gemeldet und noch eine zweite mit Ring, deren Code man lesen konnte. Mal sehen, ob ich Feedback bekomme, wann und wo diese Vögel beringt wurden. Spannend.

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Überhaupt wächst in mir der Wunsch, irgendwann einmal für ein paar Tage mitzuhelfen, wilde Vögel zu beringen. Das stelle ich mir anstrengend, aber auch sehr glücklich machend vor.

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Auf der Arbeit läuft gerade alles auf einen wichtigen Meilenstein im Oktober zu, für den ich weitgehend mitverantwortlich bin, und wofür jetzt täglich aufgeregte Statusmeetings stattfinden und dutzende Mails mit Fragen, Aufgaben und Dokumentenreviews in meiner Inbox aufschlagen. Die Informationsflut fordert erste Opfer; was ich nicht sofort aufschreibe, ist im nächsten Moment weg, und ich bin nachts lange wach – (noch) nicht aus Angst, nicht mehr nachzukommen, aber weil mein Hirn nicht zur Ruhe kommt. Ich hoffe, ich halte das bis Ende Oktober, wenn der erste Gipfel bewältigt sein wird, einigermaßen durch. Außerdem habe ich in der ersten Novemberwoche vorsichtshalber schon zwei Urlaubstage für ein verlängertes Wochenende am Chiemsee genommen. So.

04.04. – Futterspender, Duisburg, Bewerbungen und Twitter

Gänzlich unspektakulären Unterderwochegeburtstag verbracht. Dafür zwei Tage später sehr lecker mit der Möwe afghanisch essen gewesen.

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Die Futterspender wurden nicht nur von Kohl- und Blaumeisen, sondern auch Rotkehlchen und Sperlingen gut angenommen. Ja, und diesem zeitweise ebenfalls flugfähigen Kollegen hier, der sich die Sonnenblumenkerne mit seiner Zunge gleich löffelweise reinpfiff. Aber warum nicht. Lieber Eichhörnchen als Marder.

@drhuch auf Twitter hat auch einen Thread zum Thema.

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Wegen des Gesundheitstrainings vor einem Jahr gab es einen Seminartermin in Günzburg nachzuholen. Tja, hätte ich nur damals schon mal einen Blick in den Vogelführer geworfen: Die Landschaft entlang der Donau verfügt mit ihren Feuchtwiesen und Kiesseen über einen außerordentlichen Artenreichtum. Da es mit minus sechs Grad am nächsten Morgen nicht besonders verlockend war, eine sportliche Morgenrunde zu drehen, fuhr ich stattdessen zum Sonnenaufgang an die nahe gelegenen Seen, wo ich mehrere Entenarten zum ersten mal sehen konnte (Pfeifente, Knäkente, Krickente, Löffelente), mich der melancholische Pfiff des großen Brachvogels nach Island zurückversetzte und ich auch zum allerersten mal einen Fuchs in freier Wildbahn sah, wie er rastlos am Ufer entlang lief. Rechtzeitig zum Seminar zurück hatte ich dann schon zwei Stunden Sonne und Spaziergang in der kalten Luft hinter mir. Wunderbar.

Den zweiten Nachmittag verbrachten wir wie immer in Ulm an der Universitätsklinik oder Bundeswehrkrankenhaus, diesmal mit einem Laborpraktikum, bei dem wir Bakterienkulturen untersuchen durften. Sehr spannend, aber mit seinen Anforderungen an totale Sorgfalt auch definitiv keine Arbeit für mich. Zumal auch dort gerade wieder ein Arbeitsfeld wegdigitalisiert wird; die Aufgabe des pipettierenden, mikroskopierenden Menschen wird in der Routine nun auch schon durch Maschinen mit eingebauter automatischer Bilderkennung ersetzt.

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Einen Besuch bei der Möwenfamilie in Duisburg dazu genutzt, einen ganzen Samstagmorgen die Walsumer Rheinauen entlang zu laufen und zum ersten Mal mein zum Geburtstag von der Möwe bekommenes Spektiv (ein Wahnsinnsgeschenk!) auszuprobieren. Aus „ach ja, da hinten in dreihundert Metern scheinen noch ein paar Gänse oder so zu sein“ wird damit „Wow, zwei Brandgänse, sechs Krickenten und eine Kanadag… nein, Weißwangengans, die hat ein anderes Farbmuster am Kopf“. Ein Traum. Leider muss ich mit damit in Zukunft wohl entscheiden: Entweder Kamera oder Spektiv, beides auf einmal mitnehmen ist zu sperrig und schwer. An die Digiskopie als „Kompromiss“ werde ich mich vielleicht irgendwann noch herantasten, aber erst einmal geht es darum, die neue Ausrüstung überhaupt sinnvoll nutzen zu lernen. Die Optik ist jedenfalls fantastisch, dadurch habe ich schon wieder mehrere Arten erstmals überhaupt wahrgenommen (Weißwangengans, Blässgans, und die wunderhübsche Brandgans). Und die Rheinauen an sich sind auch wunderbar; es gab dort praktisch alles, sogar Austernfischer mit ihrem Trillersound! Und wenn man in der Abenddämmerung kommt, hat man sogar Chancen auf Waldkäuze, wie mir ein älterer Herr mit leuchtenden Augen versicherte.

Am Nachmittag auch noch mal spazieren gegangen, diesmal bis zum Landschaftspark, wo sehr viele frühlingshungrige Familien auf den alten Hochöfen herumkletterten und ich mir eine Portion Pommes Spezial gönnte (Soße, Majo, frische Zwiebeln). Außerdem zum ersten mal Teichhühner aus der Nähe gesehen, wie sie im Schilf der alten Emscher stöberten.

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Tja, die Bewerbungen. Eine lief glaube ich recht erfolgreich mit mehrstündigem „Casting“, d.h. Gesprächen in wechselnder Besetzung mit Teamleiter(n) und zukünftigen TeamkollegInnen (die ich alle kannte, weil in meinem Geschäftsbereich). Doch nach einmal drüber schlafen war mir klar, dass das nichts werden konnte. Wenn man nur Spaß an einer Stelle hätte, wenn noch alle möglichen Aufgaben hinzu kämen, aber nicht daran, wie sie tatsächlich heute dimensioniert ist, hat es wohl keinen Sinn.

Die andere Stelle war da um Vieles spannender, und das Gespräch mit dem Teamleiter und den dazugehörigen Kollegen (von denen ich nur einen kannte; die Stelle wäre in einem anderen Geschäftsbereich, wo ich bis vor 10 Jahren gearbeitet hätte) lief ebenfalls gut. Leider wurde mir 10 Tage später mitgeteilt, es habe noch andere, geeignetere Kandidaten gegeben. Ich habe die Vermutung, dass da jemand Übergeordnetes, den ich von früher kenne, einen Vorbehalt gegen mich eingebracht hat. Aber es kann auch etwas anderes sein. Auf jeden Fall stehe ich erst einmal wieder bei Null, und ich kann nur sehr hoffen, dass sich bald wieder etwas Neues ergibt, denn meine Motivation auf der heutigen Aufgabe ist weitgehend verbraucht.

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Zu früh gefreut, die diesjährige Infektionssaison überstanden zu haben. Auf den letzten Metern hat es mich doch noch erwischt: Vergangene Woche erst mehrere Tage mit Fieber, jetzt huste ich mir die Seele aus dem Leib. Die Krankschreibung bis Ende dieser Woche war jedenfalls höchst notwendig, und ich hoffe sehr, bald wieder auf den Beinen zu sein, während draußen der Frühling lockt und ich eine milde Morgenrunde nach der anderen verpasse samt Unterhaltungen mit den Kiebitzen.

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Zehn Jahre auf Twitter. Ein bisschen Sehnsucht nach den Zeiten, in denen die Timeline noch nicht zur Hälfte aus Retweets über den empörenden Zustand der Welt bestand.

 

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Noch ein paar lesenswerte Links:

Eine Journalistin über Trauerbewältigung, nachdem ihr Freund mit 32 Jahren verstorben war.

Ein Fotograf, der nächtliche Langzeitaufnahmen von Gebirgslandschaften macht, ausgeleuchtet mit Hilfe von Drohnen. Was für eine fantastische Idee.

Ein langer Artikel über die Krise der modernen Maskulinität stellt Fantasien von männlicher Dominanz und Führerschaft in einen geschichtlichen Kontext.

9.03. – Frühling, Bewerbung und Pfarrgemeinderat

Auf Anhieb in den Pfarrgemeinderat gewählt worden, als neunter von 12 Mitgliedern (bei 18 KandidatInnen). Ganz schön fürs Ego. Jetzt bin ich gespannt, was das bedeutet, wieviel Aufwand es sein wird, und was ich dort überhaupt beitragen kann. Ein Effekt ist schon jetzt, dass die Möwe und ich stärker Teil der Gemeinde sind und öfter dort. Nach Jahren des eher unverbindlichen Nur-Wohnens im Stadtteil ganz schön, ein paar kleine Wurzeln zu schlagen.

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Nachdem monatelang kein einziger zu sehen war, sitzt nun regelmäßig wieder der Hase aus dem letzten Eintrag auf der Wiese beim Haus. Mal in der Sonne bei minus 12 Grad, mal im Schnee… Ich stelle mir zumindest vor, dass es der/die gleiche ist. Angesichts der vielen Hasen, die mir inzwischen morgens beim Laufen begegnen, allerdings eher unwahrscheinlich.

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Mit das Schönste an den Morgenrunden – neben der Bewegung an sich – ist, die wöchentliche Veränderung der Jahreszeiten wahrnehmen zu können. Nicht mehr im Dunklen loslaufen, mit weniger Schichten Kleidung, die Gewächshäuser schon wieder voller Pflänzchen und Blumen (und Mitarbeiter), und von einer Woche auf die andere ist die Luft wieder voller Feldlerchentriller und Kiebitzrufe. Es geht aufwärts.

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Auch auf der Arbeit gibt es mindestens gute Aussichten. Die Stelle, auf die ich mich Anfang November schon beworben und mittlerweile abgeschrieben hatte (keine Reaktion) scheint vielleicht doch noch mal aktuell zu werden. Hinzu ist noch eine zweite, deutlich konkretere gekommen, für die ich mich Dienstag in mehreren Gesprächen (ich nenne es Casting) parallel mit noch 2-3 anderen vorstellen werde. Da ich inzwischen an allen Ecken und Enden nur noch die Defizite sehen kann, die mir die – theoretisch eigentlich beste Aufgabe der Welt – vermiesen, wird es wirklich Zeit für etwas Neues. Drückt mir die Daumen.

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Eine lesenswerte Liste, nicht nur anlässlich des Weltfrauentags: 100 Easy Ways to Make Women’s Lives More Bearable (an Männer gerichet)

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Heute den freien Tag genutzt, um mal wieder ein bisschen rauszugehen und Vögel zu beobachten und zu einem Naturschutzgebiet nahe Schweinfurt gefahren. Den Aussichtsturm nach 10 Minuten wieder verlassen, weil die bereits anwesenden Vogelfans älteren Semesters ununterbrochen laut quatschen mussten und ich zudem keinen Bock auf ihre eifernde Agressivität hatte, mit der sie sich über Störenfriede im Naturschutzgebiet ausließen. Ich wollte einzig den Sound der Weiher und der Vögel hören und lief daher lieber ein paar Stunden drumherum. Da die Ufer noch nicht wieder zugewachsen sind, konnte man sie mit Fernglas ganz schön beobachten: Haubentaucher, alle möglichen Entenarten, Schwäne, Reiher, Kormorane, dazu auf den Wiesen drumherum Wacholderdrosseln, Eichelhäher, Stare und ein Bussard… wunderbar. Selbst das Kernkraftwerk Grafenrheinfeld nebenan konnte kein Wässerchen trüben.