Camping in Neukölln

Wir brauchten eine Unterkunft für eine Nacht in Berlin, und nachdem Hotels und Pensionen in der Stadt nicht unbedingt immer so toll sind, versuchten wir es erst mit einem Apartment über AirBnB. Der Vermieter meldete sich aber nicht innerhalb von 24 Stunden zurück, womit die Anfrage verfiel, doch in der Zwischenzeit hatte die Möwe schon etwas Spannenderes ergoogelt, den Hüttenpalast. Zwei Frauen haben sich da mitten in Neukölln im Gebäude einer ehemaligen Staubsaugerfabrik einen Traum erfüllt und mit restaurierten Wohnwagen sowie kleinen Hütten eine ganz besondere Übernachtungsmöglichkeit geschaffen. Liebevoll hergerichtet, umringt von allerlei alten Stühlen, Sesseln und anderem Mobiliar stehen sie jetzt in Hallen und laden ganz wetterunabhängig zum Campen in der Stadt ein.

Neben jedem Wohnwagen und jeder Hütte gibt es gemütliche Sitz- und Rumlümmelgelegenheiten, und für alle Gäste gemeinsam stehen nach Geschlecht getrennte, saubere und moderne WCs und Duschkabinen zur Verfügung. Zur Übernachtung gehört auch ein Kaffee und ein ebenso kleines wie köstliches Croissant am nächsten Morgen – wer mehr frühstücken möchte, kann das im dazugehörigen Café im Vorderhaus oder aber im nicht weniger liebevoll gestalteten kleinen Garten im Hinterhof tun. Das WLAN ist inklusive und schnell, das Viertel rundherum bunt und lebendig, die U-Bahn Hermannplatz nur fünf Minuten entfernt und die Leute von Café und Haus waren sehr freundlich.

Wir fanden die ganze Anlage zauberhaft, inklusive natürlich, in einem alten DDR-Wohnwagen zu schlafen. Als einzige mögliche Nachteile sehe ich Hellhörigkeit (wir hatten zum Glück leise, lange schlafende andere Gäste in der Halle) und die Tatsache, dass man nicht sein eigenes Bad und WC hat. Aber wenn wir das nächste Mal in Berlin übernachten, würden wir wieder hin und gleich mal den nächsten Wohnwagen ausprobieren.

Bodo Wartke

Wie das meiste, was ich in den letzten Jahren an guten und tollen Leuten, Musik, Filmen usw. kennengelernt habe, kannte ich Bodo Wartke bis vorgestern auch nur aus dem Internet – in diesem Falle von Youtube; die Möwe hatte den Pianisten mit seinen hinreißend komischen Liedern und Balladen irgendwann zufällig dort entdeckt.

Am Sonntag spielte er in der Stadthalle Fürth, und wir hatten schon seit Februar Karten, um ihn auch mal live und am Stück zu erleben. Und wurden nicht enttäuscht. Das eine oder andere Lied seines aktuellen Klavierkabarettprogramms „Klaviersdelikte“ kannten wir natürlich schon, aber sehr viele eben noch nicht, ganz zu schweigen von Texteinlagen und Erzählrahmen.

Da gab es Lieder über deutsche Nachkriegsarchitektur, das Leben in einer WG (Die WG des Herrn ist unergründlich), das Defizit der deutschen Sprache, schön und unvulgär über Geschlechtsteile zu reden, inkompatible Frühlingsgefühle, ein benutzerdefiniertes Liebeslied (im Publikum fand sich kein Frauenname, für den er nicht schon eine Strophe getextet hatte – angeblich schon über 700 insgesamt, die er demnächst auf seine Webseite zum download stellen will), ein erotisches Lied mit vier nach Altersfreigabe gestaffelten Enden, oder eine Version des Papageno von Mozart, gesungen und mit Mundharmonika, in der auch verschiedene Vögel aus bekannten Vogel-Volksliedern gewaltsam zu Tode kommen. Ohne Bruchstelle schaffte er es sogar, nach all den Krachern ein paar ernste Balladen unterzubringen, darunter eine sehr bewegende über eine Schwester, die nur einen Monat alt wurde und die er selbst nie gesehen hatte.

Aber auch wenn mir sein Witz und seine Lieder nicht gefielen, ich würde immer noch sein Dichten bewundern: Mann, kann der Mann reimen! Und er beweist, dass das nur zum Teil mit sich reimenden Wörtern zu tun hat, aber dafür ganz viel mit Rhythmus. Was ich sagen will: Das war ein fantastisch guter Abend, das Publikum war begeistert, und nach über drei Stunden Auftritt (inkl. Pause) und drei Zugaben fuhren wir bestens gelaunt mit dem Rad nach Hause.

Hier noch ein Beispiel seiner Reimkunst; andere Sachen könnt ihr ja selbst ergoogeln oder auf seiner Webseite finden. Aber besser noch, ihr schaut ihn euch live an.

Madrid

Mal wieder beruflich kurz in Madrid gewesen, unterm Strich keine zwei Tage. Aber da die Kollegen vor Ort bis Mitte September noch im Sommerrhythmus von 7 bis 14:30 Uhr arbeiten, hatte ich nach unserem Videodreh den ganzen Nachmittag frei, um bei 28 Grad und Sonne durch die Innenstadt und die kleingassigen Viertel rundherum zu schlendern. Gute Lust bekommen, dort einmal eine ganze Serie nur mit kleinen Läden zu fotografieren.