Geburtstagswanderung

Vergangenes Jahr fiel mein (runder) Geburtstag ja weitgehend flach, nachdem am 13. März die ersten ernsthaften Beschränkungen beschlossen wurden und das geplante Wochenende im Süden samt Übernachtung in München keine gute Idee mehr waren. Ein Jahr mit mehreren Corona-Wellen, Homeoffice und Social Distancing später liegen Wegfahren geschweige denn Feiern immer noch nicht in greifbarer Nähe – wenn man nicht gerade nach Mallorca will.

Aber in der Nähe wandern geht, und ich hatte ohnehin noch einen Resturlaubstag abzuleisten. Gottseidank hatte sich die Vorhersage von Sturmböen und Schneeregenschauern nicht gänzlich bewahrheitet. Nachdem mich die Möwe heute früh mit einem Frühstückskuchen überrascht hatte (Toast mit Frischkäse und Orangenmarmelade, aber als Törtchen), sprachen wir dreimal unser Mantra („Herrlichstes Islandwetter!“), zogen uns wetterfest an und fuhren ins Nürnberger Land, um eine Rundwanderung durch die Röthenbachklamm zu machen, wo wir in all den Jahren noch nie waren.

Bei vier Stunden Dauerregen, aber kaum Wind und erträglicher Kälte war praktisch niemand unterwegs außer uns (drei Begegnungen, wenn man von ein paar Waldarbeitern absieht). Was für ein beeindruckender Wald. Voller verwunschener, mit Flechten überzogener Bäume, Moosen in sämtlichen Leuchtstufen von Grün, hellem Schilf, jungen Bäumen, die ihre rostbraunen Blätter vom Herbst noch trugen, und schließlich die Schlucht des Röthenbachs, der sich auf goldfarbenem Sand unter gestürzten Bäumen Richtung Pegnitz dahinschlängelt. Schon bei Regen war dieses Tal magisch. Wie wird es wohl sein, wenn die Bäume wieder grünes Laub tragen und auch noch Sonnenlicht dazukommt? Hier müssen wir unbedingt wieder hin.

Zurück zuhause die nassen Klamotten ausgezogen, aufgewärmt, Dutzende liebe Wünsche auf Twitter, Signal und per Mail gelesen, von der Möwe mit einem Wunschmenü bekocht worden (Carpaccio, Lasagne, Pannacotta mit Himbeeren), die Fotos durchgesehen, betelefoniert worden und jetzt für den Rest des Abends noch die übrige, sehr stressig werdende Arbeitswoche ignorieren. Es könnte schlimmer sein.

Wasseramseln

Vor knapp zwei Jahren hatte ich meine erste Wasseramsel gesehen, und das nicht zufällig (obwohl man ihr in der Gegend an Flüssen mit klarem Wasser grundsätzlich begegnen kann), sondern gezielt an einer Stelle eine Autostunde entfernt in Oberfranken. Zum einen sind sie dort seit Jahren im Frühling absolut zuverlässig zu finden, weil ein Abflussrohr in einer alten Eisenbahnbrücke ihnen wohl Jahr für Jahr ein ideales Nest bietet, zum anderen kann man dort parken und sie aus dem Auto heraus aus wenigen Metern Entfernung betrachten, ohne sie zu beunruhigen. Schwierig sind nur die Lichtverhältnisse: Reinweiß- bis anthrazitfarbene, sehr flinke kleine Vögel im Brückenschatten, dahinter grelles Sonnenlicht. Aber ideal, um gestern das gute Wetter zu nutzen und die Möglichkeiten der Kamera auszutesten. (Nicht, dass ich einen besonderen Grund gebraucht hätte, einen Lieblingsvogel aufzusuchen. Gut, die Stunde Autofahrt macht schon ein bisschen schlechtes Gewissen. Obwohl… nein. :-)

Kaum den Motor abgestellt, sah ich schon die erste auf ihrem Stein gegenüber sitzen und reviermarkierend knicksen. Schnell zeigte sich, dass es ein Pärchen war, offensichtlich entweder noch bei der Besichtigung verschiedener Nistmöglichkeiten, oder schon in der Zeit zwischen fertigem Nest und Eiablage, denn beide flogen und tauchten die ganze Zeit herum praktisch ohne Nistmaterialien zu transportieren. Zwischenzeitlich waren sie immer mal wieder flussauf- oder -abwärts verschwunden, z. B. wenn sie von einem vorbeilaufenden Spaziergangshund vertrieben wurden, aber kamen eine Viertelstunde später mit ihrem lauten, kratzigen Ruf zurück. Und ich war glücklich, weil ich jede Menge Zeit hatte, Fotos und Videos von ihnen aufzunehmen. Highlight sind natürlich ihre unglaublich schnellen Tauchgänge in der starken Strömung. Ein Bonbon war aber auch der Moment, wo sich Wasseramsel und normale Amsel für kurze Zeit am Ufer trafen – und einander komplett ignorierten. Beide Arten haben außer ihrem deutschen Namen nichts gemein.

beim Putzen – zunächst in 4fach-Zeitlupe, dann noch einmal in normaler Geschwindigkeit
hier sieht man, wie sie eine gefangene Muschel auf dem Stein aufklopft
Das typische Knicksen samt Flügelschlag, bevor sie abtaucht. Man kann richtig sehen, wie sie sich unter Wasser fortbewegt.
das Pärchen gemeinsam
Tauch-Action! Einmal in Normalgeschwindigkeit und einmal in Zeitlupe. Bis sie im Wasser plötzlich von ihrem Partner angerempelt und mitgerissen wird.

Ich hatte aber auch noch nie soviel Aufwand mit der Nachbearbeitung. Nicht nur wollten aberhunderte von Serienfotos erst von der Kamera geladen und dann auf wenige Keeper eingedampft werden, auch die Videos habe ich gekürzt und reingezoomt und musste mich zum ersten Mal mit einer Schnittsoftware auseinandersetzen. Eigentlich hätte dieser ganze Blogeintrag ein komplettes Video werden können, samt eingeblendeter Fotos und Vertonung mit Originalsound, gesprochener Beschreibung, womöglich sogar Vlog-mäßiger Aufnahme meiner selbst unterwegs? Weiß aber nicht, ob ich da hin will, von den zustätzlichen Stunden an Aufwand ganz zu schweigen. Ich denke, ich kann meine Freude an den Tieren fürs erste auch so mit euch teilen.

Sie sind wieder da

Wie jedes Jahr bleiben sie nach ihrer Rückkehr aus Südeuropa einige Tage als Schwarm zusammen, bevor sie mit ihren Balzflügen beginnen und auf den Feldern und Wiesen ihre gut getarnten Eier legen. Sie haben es hier nicht leicht inmitten der Landwirtschaft und vielen Spaziergänger_innen; hoffentlich bringen sie dieses Jahr ein paar Junge durch. Für mich hat der Frühling mit der Ankunft der Kiebitze jedenfalls begonnen.

Blaumeise

Wohnungsbesichtigungen

Seit kurz nach Weihnachten hängt der Brutkasten am Haus, wettergeschützt an einer Dachgaube, doch erst in den vergangenen Tagen kamen die ersten Interessenten zur Besichtigung. Immer paarweise, wie es sich für zukünftige Eltern gehört. Manchmal wechseln sie sich während des Besuchs ab und man ahnt den jeweils anderen vorm Einflugsloch anhand des flackernden Lichts. (Wenn es ganz dunkel wird, schaltet die Kamera übrigens auf Infrarot, d.h. das Bild wird für kurze Zeit schwarz-weiß.)

Spannend finde ich, dass die Kohlmeisen die Hütte spechtartig abklopfen („Hält der Kasten überhaupt?“), während die Blaumeise mehrfach ihre Flügel ausbreitet, als würde sie sie ausmessen („Kann man sich hierdrin noch bewegen?“).

Kohlmeisenvisite I
Kohlmeisenvisite II
Blaumeisenvisite I

Noch ein paar Screenshots:

Ich hoffe sehr, die Wohnung ist bald belegt.