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Landschafts- und Naturfotografie auf Youtube

Mit der Pandemie und ihren Lockdowns und Heimbüro seit anderthalb Jahren, in denen ich in manchen Wochen das Haus außer zum Einkauf oder Mülltonnen-an-die-Straße-Stellen nicht verließ, habe ich ein Faible für Fotografie-Vlogs entwickelt. Insbesondere solche, in denen Leute nicht quatschend vor Webcams sitzen, sondern ihre Zuschauer*innen in die Natur mitnehmen, von ihren Herausforderungen erzählen, gerne ein bisschen Technik, Tipps und Tricks einstreuen, und natürlich auch tolle Fotos und Videos von Landschaften und Pflanzen oder ihren Begegnungen mit Tieren zeigen. Diese Youtube-Abos bedeuten für mich, mehrmals wöchentlich 10-20 Minuten in Gedanken irgendwo draußen sein zu können und nebenher Inspiration fürs Fotografieren in der eigenen Umgebung oder den nächsten Urlaub mitzunehmen (woraus zum Beispiel die Nachthimmel-Aufnahme am Lauwersmeer entstanden ist).

Im Sinne einer Vlogroll möchte ich ein paar davon empfehlen, jeweils mit einem beispielhaften Beitrag. Ich beschränke mich hier auf die, bei denen Draußen-in-der-Natur nicht zu kurz kommt (also nicht nur Ausrüstungsreviews oder Nachbearbeitungstutorials), und solche, die nicht zu clickbaitig oder, äh, großspurig sind. Vielleicht gefällt euch der eine oder andere Kanal, oder ihr habt umgekehrt auch welche, die ihr empfehlen könnt (vor allem auch welche, die nicht nur von Männern sind?). Schreibt mir’s in die Kommentare! *Youtuber-Geste*

Thomas Heaton – Landschaften

Eine meiner ersten Entdeckungen und mit einer halben Million Follower*innen vermutlich einer der erfolgreichsten Fotografie-Vlogger auf Youtube, dessen on location Videos ich mehrere Jahre zurück verfolgt habe. Sympathischer, selbstreflektierender Brite mit oft großartigen Fotos aus aller Welt (Schwerpunkt Lake District und Schottland, wo er oft mit seinem eigens zum Camper umgebauten Toyota rumfährt), aber vor allem auch immer einer Geschichte, die neben dem Weg zu den einzelnen Fotos auch etwas über das Fotografieren an sich erzählt. Mit der Zeit ist er ein Meister der filmischen Umsetzung mit Schnitten zu B-Roll und Drohnenaufnahmen geworden. In irgendeinem Video sagt er sinngemäß, für sein Vlog würde er jeden Berg drei Mal besteigen, und man versteht bald, was er meint.

Simon Baxter – Wälder

Zurückhaltender, freundlicher Brite, der mit seinem Hund durch die Wälder seiner Umgebung streift und magische Bilder davon macht. (In einem sehenswerten Interview erzählt er, wie er in einer schlimmen Phase seines Lebens mit Rückenproblemen seine Begeisterung dafür entdeckt hat, angetrieben durch seinen Hund.)

Michael Shainblum – Landschaften und Zeitraffer

Typ aus San Francisco mit wunderbaren Fotos z. B. der Küste, aber auch der Wüsten, Zeitraffer von Stadtansichten oder von Stürmen über dem Land.

Simon Booth – Landschaften, Wälder und Makro

Älterer und (wie viele der anderen vorgestellten Vlogger) von der freundlichen, zurückhaltenden Sorte. Er gehört zu denjenigen, die sich aus Prinzip auch von unspektakulärer Umgebung und schlechtem Licht nicht demotivieren lassen, nach guten Motiven zu suchen.



Gudmann & Gyda – Vögel und Landschaften

Ein Fotograf*innen-Ehepaar aus Island, das gemeinsam durchs Land reist, um die spektakuläre Landschaft und Tierwelt zu fotografieren. Ich mag auch irgendwie ihren spröden, liebevollen Umgang miteinander.

Chris Kaula – Vögel und Insekten

Der einzige Deutsche in meinen Fotovlog-Abos bislang. Er macht nicht nur gute Aufnahmen hauptsächlich von Vögeln, er bringt als Biologe auch viel Wissen mit und zeigt, wie respektvolle Naturfotografie geht.

Dani Connor Wild – Säugetiere und Vögel

Viele haben vielleicht schon auf Twitter gesehen bzw. gehört, wie jemand zwei Baby-Eichhörnchen beim Futtern ein Mikrofon unter die Nase hält. Das stammt von ihr, und neben viel Eichhörnchen-Content filmt und fotografiert sie auch andere Tiere und Vögel.

Duade Paton – Vögel

Insgesamt recht techniklastig, aber: tolle australische Vögel!

Mark Smith – Vögel

Sehr quirliger Surfer-Typ aus Florida, der vor allem fantastische Fotos und Videos von Wasser- und Greifvögeln wie Pelikanen, Weißkopf-Seeadlern oder Fischadlern macht.


Mike Lane – Vögel und Säugetiere

Ein alter, englischer Naturfotograf mit viel Wissen über das Verhalten einzelner Arten und wie man sie am besten fotografiert.


Espen Helland – Vögel und Säugetiere

Kauziger Typ mit schönen Videos seiner Foto-Touren in Schottland.

Hier ausnahmsweise ganz ohne Worte, was mir sehr gut gefällt.

Trond Westby – Vögel und Säugetiere

Knuffiger, norwegischer Naturfotograf. Ich kenne keinen, der sich so ein Loch in den Bauch freut, wenn sich die gesuchte Art endlich zeigt.


Kenneth Lawrence – Säugetiere und Vögel

Ein Naturfilmer mit tollen Aufnahmen der indischen Tierwelt. Stets etwas pathetisch-kitschig betextet und untermalt, aber schön.


Jimmy Breitenstein – Säugetiere und Vögel

Naturfilmer mit beeindruckenden Aufnahmen von Bären, Adlern, Dachsen, Elchen und vielen anderen Tieren in den Nationalparks der USA. Und nützlichen Tipps, z. B. wie man bärensicher zeltet.



Alyn Wallace – Sternenhimmel

Zum Abschluss noch ein Kanal, der hier etwas aus der Reihe fällt. Sehr techniklastig, was Astrofotografie aber nun einmal mit sich bringt. Und neben den atemberaubenden Himmelsbildern macht wie bei den anderen Kanälen auch die Leidenschaft, die man für die Sache spürt, einen großen Teil des Spaßes aus.

Wasseramseln

Vor knapp zwei Jahren hatte ich meine erste Wasseramsel gesehen, und das nicht zufällig (obwohl man ihr in der Gegend an Flüssen mit klarem Wasser grundsätzlich begegnen kann), sondern gezielt an einer Stelle eine Autostunde entfernt in Oberfranken. Zum einen sind sie dort seit Jahren im Frühling absolut zuverlässig zu finden, weil ein Abflussrohr in einer alten Eisenbahnbrücke ihnen wohl Jahr für Jahr ein ideales Nest bietet, zum anderen kann man dort parken und sie aus dem Auto heraus aus wenigen Metern Entfernung betrachten, ohne sie zu beunruhigen. Schwierig sind nur die Lichtverhältnisse: Reinweiß- bis anthrazitfarbene, sehr flinke kleine Vögel im Brückenschatten, dahinter grelles Sonnenlicht. Aber ideal, um gestern das gute Wetter zu nutzen und die Möglichkeiten der Kamera auszutesten. (Nicht, dass ich einen besonderen Grund gebraucht hätte, einen Lieblingsvogel aufzusuchen. Gut, die Stunde Autofahrt macht schon ein bisschen schlechtes Gewissen. Obwohl… nein. :-)

Kaum den Motor abgestellt, sah ich schon die erste auf ihrem Stein gegenüber sitzen und reviermarkierend knicksen. Schnell zeigte sich, dass es ein Pärchen war, offensichtlich entweder noch bei der Besichtigung verschiedener Nistmöglichkeiten, oder schon in der Zeit zwischen fertigem Nest und Eiablage, denn beide flogen und tauchten die ganze Zeit herum praktisch ohne Nistmaterialien zu transportieren. Zwischenzeitlich waren sie immer mal wieder flussauf- oder -abwärts verschwunden, z. B. wenn sie von einem vorbeilaufenden Spaziergangshund vertrieben wurden, aber kamen eine Viertelstunde später mit ihrem lauten, kratzigen Ruf zurück. Und ich war glücklich, weil ich jede Menge Zeit hatte, Fotos und Videos von ihnen aufzunehmen. Highlight sind natürlich ihre unglaublich schnellen Tauchgänge in der starken Strömung. Ein Bonbon war aber auch der Moment, wo sich Wasseramsel und normale Amsel für kurze Zeit am Ufer trafen – und einander komplett ignorierten. Beide Arten haben außer ihrem deutschen Namen nichts gemein.

beim Putzen – zunächst in 4fach-Zeitlupe, dann noch einmal in normaler Geschwindigkeit
hier sieht man, wie sie eine gefangene Muschel auf dem Stein aufklopft
Das typische Knicksen samt Flügelschlag, bevor sie abtaucht. Man kann richtig sehen, wie sie sich unter Wasser fortbewegt.
das Pärchen gemeinsam
Tauch-Action! Einmal in Normalgeschwindigkeit und einmal in Zeitlupe. Bis sie im Wasser plötzlich von ihrem Partner angerempelt und mitgerissen wird.

Ich hatte aber auch noch nie soviel Aufwand mit der Nachbearbeitung. Nicht nur wollten aberhunderte von Serienfotos erst von der Kamera geladen und dann auf wenige Keeper eingedampft werden, auch die Videos habe ich gekürzt und reingezoomt und musste mich zum ersten Mal mit einer Schnittsoftware auseinandersetzen. Eigentlich hätte dieser ganze Blogeintrag ein komplettes Video werden können, samt eingeblendeter Fotos und Vertonung mit Originalsound, gesprochener Beschreibung, womöglich sogar Vlog-mäßiger Aufnahme meiner selbst unterwegs? Weiß aber nicht, ob ich da hin will, von den zustätzlichen Stunden an Aufwand ganz zu schweigen. Ich denke, ich kann meine Freude an den Tieren fürs erste auch so mit euch teilen.

20 Feet from Stardom

Eine großartige Dokumentation über (zumeist schwarze) Backgroundsängerinnen, Ruhm, Ausnutzung und den (Un-)Willen, selbst ganz vorne an der Rampe zu stehen. Starke Frauen und Stimmen: 20 Feet from Stardom – leider nur noch bis diesen Mittwoch in der Mediathek.