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Eisvogelfight

In den vergangenen Tagen wurde an meinem Teich in der Nähe mehrfach ein Tüpfelsumpfhuhn gemeldet, teils sogar mit Foto. Ich habe noch nie eines gesehen, denn Tüpfelsumpfhühner sind ebenso selten wie scheu, und als ich heute sehr früh wach wurde, wollte ich die Gelegenheit nutzen, um selbst mal nachzuschauen.

Am Teich waren die üblichen Bläss- und Teichhühner unterwegs, auch ein Kampfläufer, vom Tüpfelsumpfhuhn natürlich keine Spur. Dafür zwei Eisvögel, von denen einer ständig laut rief. Nicht nur das, er flog immer wieder den anderen an, der auf einem der Pfähle hockte, drehte eine Runde, saß kurz selbst auf einem anderen Pfahl, und dann von vorne. Kurz dachte ich an einen Elternvogel, der sein Junges mit Futter versorgt, doch er fing ja selber nichts. Nein, das schien irgendein Streit zu sein.

Irgendwann blieb es nicht bei Scheinangriffen. Beim Anflug verhakten sich ihre Schnäbel und sie stürzten gemeinsam in den Teich, wo sie 20-30 Sekunden lang verbissen kämpften und sich gegenseitig immer wieder unter die Wasseroberfläche drückten, bis sich einer schließlich befreite und davonflog, der andere hinterher. So etwas habe ich noch nie gesehen. Und auch wenn ich für gute Aufnahmen viel zu weit weg war, das Licht bescheiden und die Ergebnisse bei ISO 8000 heftig verrauscht, so konnte ich doch ein wenig davon einfangen. Was für ein Schauspiel.

Nach einer weiteren halben Stunde vergeblicher Fernglassuche nach dem Sumpfhuhn fuhr ich weiter, um ein paar Brötchen fürs Frühstück zu kaufen. Auf dem Rückweg standen rund um den Teich schon mehrere Autos mit Kennzeichen aus der Gegend, und Männer stellten Stative mit großen Teleobjektiven auf. Vielleicht hatten sie mehr Glück mit dem Tüpfelsumpfhuhn, aber das Beste hatten sie definitiv verpasst.

Die Tiere

In punkto Birding war dieser Urlaub unspektakulär. 52 wohlbekannte Arten in zwei Wochen – und das in einer ganzen Region mit verschiedenen Habitaten, in denen wir unterwegs waren – da kann man zu einer anderen Jahreszeit an einem einzigen Morgen an einem See mehr begegnen. Aber es war auch kein primäres Ziel der Reise. (Auch wenn ich mich über ein, zwei Lifer, d.h. Erstsichtungen durchaus gefreut hätte.)

Dafür lebte eine ganze Reihe See- und Uferbewohner vor unserer Nase: Mehrere Stockenten mit Anhang, darunter vor allem eine, die mit ihrem „Teenie“ gerne auf unserem Steg ruhte und die ich bald ins Herz geschlossen hatte. Dann Familien von Haubentauchern, Blässhühnern und Schwänen, drei Flussseeschwalben und mehrere Rohrweihen, die immer mal wieder über dem Schilfufer jagten, Kormorane, Graureiher, Gänse, Spechte und jede Menge Singvögel sowie ein einsamer Storch. Auch die Inselfahrten haben dem nicht viel hinzugefügt: Mal ein Kolkrabe, mal ein paar Eiderenten, ein Trupp Nonnengänse oder ein Mehlschwalbennest unter dem Vordach eines Hafenhäuschens.

Dann gab es Insekten rund ums Haus, verschiedene Falter, ein paar Hornissen, aber vor allem die vielen Blaupfeile, die auch schon mal einen Kohlweißling oder Zitronenfalter verputzten, wenn sie nicht allein oder im Tandemflug über Wiese und Wasser sausten oder sich irgendwo sonnten.

Ein besonderes Erlebnis war ein Spaziergang an einer kleinen Landzunge unter Naturschutz, an der zu Zugzeiten im Frühling und Herbst tausende von Vögeln rasten sollen. Als wir dort waren: außer einer Handvoll Kormorane und ein paar Bluthänflingen überhaupt nichts. Immerhin stand dort das komfortabelste und schönste Vogelbeobachtungshäuschen, was wir je sahen (und das will was heißen, wenn man die britischen RSPB-Hides kennt). Aber nicht nur begegneten wir einer stattlichen Ringelnatter, bei deren unerwartetem Anblick man tatsächlich erst einmal erschrecken kann, sondern sahen auch unglaublich viele Schmetterlinge, die um eine Handvoll Kratzdisteln am Strand flatterten: Tagpfauenaugen, Kleiner Fuchs, Bläulinge, Ochsenaugen, Wiesenvögelchen, Kohlweißlinge und sogar ein Kaisermantel (mein erster), dazu verschiedenste andere fliegende Insekten. Und auf dem Rückweg durch ein Wäldchen sah ich auch noch meinen ersten Braunen Waldvogel.

Kurz nach unserer Ankunft hatten wir uns für eine vielversprechende Tour im Åsnen Nationalpark angemeldet: Vier Stunden mit einer Guide morgens per Boot durch die Seenlandschaft, um Fischadler bei der Jagd, Seeadler und Prachttaucher zu sehen, mit Chancen auf Otter und Elche (die wir auch sehr gerne einmal sehen wollten). Am Vortag dann die Absage: unsere Guide hatte Corona. So schade, wir hatten uns sehr darauf gefreut.

Nach einiger Recherche im Netz fanden wir ein Trostpflaster: ein mehrere Quadratkilometer großer Safari-Park, in dem verschiedene Wildtierarten leben: Mufflons, Bisons, Rot- und Damwild, Wildschweine und sogar wenige Elche. Man kann mit seinem Auto in Schrittgeschwindigkeit einen mehrere Kilometer langen Rundweg befahren, auch mehrfach (Ausstieg nicht erlaubt) und die Tiere beobachten, sofern sie sich denn zeigen. Viele Rezensenten im Internet beschweren sich, die Elche nicht gesehen zu haben, aber wir hatten Glück! Vielleicht lag es auch daran, dass wir nicht zur Mittagszeit in den Park fuhren, sondern erst kurz vor Einlassschluss am Abend, wo die Tiere wieder verstärkt aus dem Dickicht kommen, jedenfalls entdeckte ich zwei versteckt auf einer Wiese und dann lief auch noch ein dritter über unseren Weg. Ich bin ja kein besonderer Fan von Zoos und Wildgehegen mehr, aber dieses Gelände war so weitläufig und die Tiere so frei in ihrer Bewegung, dass ich es okay fand.

Wie lieb sehen bitte Elche aus mit ihren flauschigen Geweihen?

(Das war der dritte und letzte Teil der Urlaubsfotos.)

Ein Morgen am Teich und auf den Feldern

Wieder einmal nur vier Stunden geschlafen, und wenn man dann irgendwann merkt, dass man auch nicht mehr einschlafen wird, kann man bei dem schönen Licht auch gleich die Kamera packen und raus. Da ich keine Lust auf lange Fahrten habe und schon länger keine Morgenrunde mehr dort gelaufen bin, geht es auf die benachbarten Felder und zum kleinen Bewässerungsteich der Bauern, der seit jeher eine erstauliche kleine ökologische Oase ist.

Schön, dass es heuer wieder einigermaßen viele Feldlerchen und Schafstelzen gibt. Weniger schön, dass es so wenige Kiebitze sind, deutlich weniger als im vergangenen Jahr. Ansonsten haben am Teich offenbar erfolgreich Enten, Blässhühner und Flussregenpfeifer gebrütet, die Feldhasen chillen auf den Salatfeldern und ein großer Schwarm Feldsperlinge bedient sich am Getreide.

Es tut gut, draußen bei den Vögeln zu sein. Die letzten drei Arbeitstage vorm Urlaub werde ich jetzt auch noch überstehen.

Ein Morgen bei den Bienenfressern

Ich hatte mir vorgenommen, in diesem Frühling den Bienenfressern etwas Zeit zu widmen, die ich bislang nur einmal vor zwei Jahren kurz gesehen hatte. Diese außergewöhnlichen Vögel, die aussehen, als wären sie in gleich mehrere Farbtöpfe gefallen, brüten in Deutschland zwar nur in kleiner Zahl, aber wohl klimawandelbedingt immer häufiger. Also Sonntag früh bei herrlichem Wetter Kamera und Bean Bag ins Auto geworfen und los. Nach einer Stunde Fahrt an einem Steinbruch in Mainfranken angekommen, steige ich erst einmal aus um die Friedlichkeit des menschenleeren Orts einzuatmen.

Gleich in der ersten Minute höre ich Nachtigall, Pirol, Kolkrabe, Kuckuck, Turteltaube und Bienenfresser. Alle an einem Ort! Wahnsinn. Der Rabe mit dem merkwürdig nacktem Gesicht fliegt über mich hinweg, auf dem Feld jagen zwei Turmfalken, im hohen Gras sitzt eine Goldammer und in der Ferne sehe ich auch schon ein paar Bienenfresser fliegen.

Die Zufahrt in den Steinbruch, wo sie ihre Bruthöhlen in die Wände graben, ist aus guten Gründen abgesperrt, deswegen fahre ich an eine Stelle, wo man von der Straße aus sehen kann, wie sie umherfliegen und sich auf dem maroden Zaun niederlassen, um dort gerade gefangene Insekten zu vertilgen, sich zu putzen oder auch nur einfach in der Morgensonne zu sitzen. Die Luft ist voll von ihren weichen „prüüh-prüüh“-Lauten, ich sitze völlig geflasht im Auto hinter meinem Tarnnetz und vergesse die Zeit.

Hier sitzen zwei auf ihren Zaunpfählen, von denen einer kurzerhand eine Runde dreht, um sich einen Brummer aus der Luft zu pflücken:

Hier ruft ein einzelner vor sich hin, nachdem er zuerst ein irgendwie nicht bekömmliches Insekt ausgespuckt hat:

Bienenfresser fressen tatsächlich Bienen, wofür sie eine eigene Technik entwickelt haben, vor dem Verspeisen das Gift aus dem Körper zu pressen. Aber sie fangen auch jede Menge anderer größerer Insekten im Flug, mit sehr viel Fotografenglück sogar einen Admiralfalter. Wenn man ein Bienenfressermännchen ist, wird eine so prächtige Beute jedoch nicht unbedingt selbst verzehrt, sondern zur Brautgabe, die dem Weibchen beweist, wie gut man in der Brutphase sie selbst und später auch die Nestlinge füttern kann. Was für ein Schauspiel!

Zum Schluss steige ich noch einmal vorsichtig auf der abgewandten Beifahrerseite aus und versuche, aus dieser Deckung die Vögel im Flug zu fotografieren, vor allem um ihre wunderbare Rückenfärbung aufs Bild zu bekommen. Leider fliegen sie schnell und haben von wenigen Schwebephasen abgesehen recht erratische Flugbahnen, zudem flimmert die warme Luft in der Sonne bereits so kräftig, dass ich nur einige sehr entfernte und unscharfe Fotos hinbekomme. Aber ich war ja nicht zum letzten Mal hier.

Auf dem Heimweg mache ich noch an anderer Stelle Station, wo unlängst Ortolane gemeldet wurden, eine Ammernart, die bei uns aufgrund Verlust ihres Lebensraums sehr selten geworden ist (während sie anderswo immer noch gefangen und verspeist werden 😠). Ich selbst habe sie noch nie gesehen, und das sollte fürs erste auch so bleiben. Immerhin jetzt mal gehört – zumindest, wenn ich der Vogelstimmen-Erkennungs-App trauen darf. Ich selbst hätte die Stimmen ohne weiteres für Goldammern gehalten. Auf dem Weg durch Streuobstfelder und einen Wald bin ich zudem noch einem schicken Raubwürger, einer außerirdisch anmutenden Blauflügel-Prachtlibelle und erstmals einem Waldbrettspiel begegnet, dessen korrekter Name ganz offensichtlich nur Schokofalter lauten kann. Was für ein schöner Morgen.