Archiv der Kategorie: Schottland

Schottland 2018, Tag 5: Shiant Isles

Früh ging es los nach Norden Richtung Shiant Isles, einer kleinen, unbewohnten Inselgruppe zwischen dem Festland und den äußeren Hebriden. Das Wetter war ruhig mit einem weiten Himmel, den ich stundenlang anschauen könnte. Es wurde aber zunehmend grauer. Auf dieser Strecke sah ich dann meinen einzigen Delfin der ganzen Reise, und auch nur ganz kurz, glücklicherweise mit Kamera um den Hals. Ein anderes Mal surfte eine Gruppe großer Tümmler in der Bugwelle, aber da war ich gerade mal für fünf Minuten unter Deck und bekam nichts mit. Schade.

Wir ankerten am späten Vormittag in der Bucht vor der Hauptinsel, wurden am Strand abgesetzt, wie immer mit dem Schlauchboot, und hatten dann gut zwei Stunden, um die Insel zu erkunden, oder zumindest den weniger steilen, breiteren Südteil. Luft und Wasser dort waren komplett voller Vögel: Tordalken, Papageitaucher, Lummen, Möwen, Krähenscharben – ein ununterbrochener Strom von Vögeln, der geschäftig aufs Meer hinaus und mit Futter zurückflog, zusammen mit anderen kreiste, oder sich auf dem Wasser ausruhte oder putzte. Wahnsinn.

Vorbei an einer Hütte von Wissenschaftlern und Freiwilligen, die auf der Insel z. B. gerade frisch Tordalken beringt hatten, liefen wir über knietiefes Gras und Moose, sahen große Skuas, wie sie unter anderen Mike, unseren ältesten Passagier, attackierten (siehe Foto unten), der das ziemlich unbeeindruckt durchstand, außerdem Strandpieper, einen wunderschönen Falter und Eissturmvögel, die an einer Klippe nisteten.

Als uns unser Skipper wieder mit dem Schlauchboot eingesammelt hatte, fuhren wir noch einmal langsam am eigentlichen Brutfelsen vorbei. Was für ein großartiges, aufregendes Gefühl, inmitten so vieler Vögel zu sein.

Es folgen ein paar Vogelfotos. Da müsst ihr jetzt durch.

Große Skua (Raubmöwe)

„Horrible, horrible birds“, sagt Tim, unser Skipper. Und tatsächlich haben diese Vögel etwas Gewalttätiges, Düsteres an sich, nicht nur weil sie Menschen angreifen, die ihren Nistplätzen zu nahe kommen. Meine erste Begegnung mit ihnen (am Ende des Beitrags) werde ich nicht vergessen.

Tordalken mit ihrer superschicken Kopfzeichnung

Trottellummen und eine Krähenscharbe (eine Kormoran-Art).

und natürlich: PUFFINS!

Wir umkreisten noch die weiteren Felsen der Inselgruppe und sahen Robben, Krähenscharben, Küstenseeschwalben und einen großen, graubraun gefleckten Vogel, der sich erst aus der Nähe als junger Basstölpel entpuppte.

Ursprünglich hatte Tim gehofft, Lewis auf dem nördlichen Weg zu umfahren, rund um den Butt of Lewis (die Landspitze heißt wirklich so). Leider waren zunehmender Wind und Regen vorhergesagt, so fuhren wir „untenherum“, durch den Sound of Harris bis nach West Tarbert und ankerten im dortigen Loch. Falls sich wer wundert: Geographisch handelt es sich nur um eine Insel, aber historisch gewachsen trägt sie die Namen Lewis (für den nördlichen) und Harris (den südlichen Teil). Eine lange, anstrengende Fahrt.


(cc by-sa, Original von Eric Gaba)

Schottland 2018, Tag 4: Canna und Skye

Nach dem Frühstück hatten wir Zeit, auf Canna spazieren zu gehen. Das Wetter war nicht ganz so wunderbar wie letztes Jahr, aber die Insel strahlte die gleiche tiefenentpannte Idylle aus. Wir liefen diesmal einen anderen Weg zu einem Turmgefängnis an einem Felsen der Nordseite. Es heißt, der Besitzer der Insel habe es für seine Frau errichtet, nachdem sie wohl eine Affäre mit einem Mann von der Insel Skye hatte, auf die sie fortan von ihrem Gefängnis aus blicken musste. Überhaupt ist die Geschichte z. B. der heute so friedlichen Hebriden voll von Grausamkeiten, bei denen z. B. verfeindete Clans jeweils die Inseln der anderen heimsuchten und oft Hunderte umbrachten.

Steinadler ließen sich leider nicht blicken, aber ich sah neben den üblichen Küstenbewohnern entfernt zwei kleinere Greifvögel (womöglich Kornweihen), ein großer Brachvogel flog vorbei, und ein prächtiger, ich vermute: junger Steinschmätzer posierte vor meiner Kamera.

Zurück auf dem Schiff ging es entlang an der Süd- und Westküste von Skye vorbei am Neist Point, den wir auf diese Weise – wie auch andere Orte vergangener Reisen – nun von der Wasserseite sehen sehen konnten. Was für außergewöhnliche Klippen und Felsen.

Als wir am späten Nachmittag bei Stein auf Skye unseren nächsten Übernachtungsplatz erreicht hatten, schien die Sonne richtig warm. Wir waren müde und hatten beim Landgang keine Lust wie die anderen herumzulaufen, so entschieden wir uns dafür, lieber draußen vorm Pub in der Sonne eine Cola zu schlürfen und mit Blick aufs Wasser zu seufzen. Abendessen war wie immer ein Dreigängemenü auf dem Schiff, bevor ich noch ein wenig auf dem Oberdeck den Sonnenuntergang mitnahm und wir in unsere Kabinen verschwanden.


(cc by-sa, Original von Eric Gaba)

Schottland 2018, Tage 1-3: Oban und Canna

Nachdem wir die beiden letzten Jahre schon in Schottland waren, wollten wir eigentlich in diesem Jahr etwas anderes sehen. Es war September, wir googelten abends nach neuen Zielen und sahen aber nebenher, wie sich die Bootstouren der Reederei schon wieder füllten. Wo uns die Reise doch so gut gefallen hatte, vielleicht auch eine weitere..? Daraus wurde die nächste Buchung und die bis heute längste Urlaubsvorfreude meines Lebens. Wieder neun Tage mit einem kleinen Schiff von 10 Passagieren, danach noch eine Woche auf der Insel Islay, umgeben von Reise- und Lückenfüllertagen, so dass wir auf knapp drei Wochen kamen, so lange wie noch nie am Stück.

Da sich der erste Teilflug nach Düsseldorf ungünstig verschoben hatte, cancelten wir ihn in Absprache mit der Airline, fuhren am Sonntag mit dem Zug nach Duisburg zu unseren Familien und stiegen am Montag vormittag in Düsseldorf ins Flugzeug nach Glasgow. Beim Einchecken gab es irgendeinen IT-Fehler, weswegen man zunächst keine Bordkarten für uns drucken konnte (für andere Passagiere gab es keine Probleme), aber schließlich ließ die supernette („Keine Sorge, wir bringen Sie heute nach Glasgow. Und wenn ich Sie selbst hinfliegen muss.“) Stewardess vom Bodenteam uns komplett neu buchen, und dann ging’s. Was wir nicht wussten: Diese Sache war nicht wirklich behoben und würde uns beim Rückflug noch einmal richtig Ärger bereiten.

In Glasgow zum Busbahnhof in der Stadt, mit Sandwiches und Getränken versorgt, und drei Stunden mit dem Fernbus nach Oban, wo uns ein wolkenloser Himmel empfing und wir bei einem Abendspaziergang mit Freude unser Schiff entdeckten, wie es schon am Pier lag und mit dem wir zwei Tage später ablegen sollten. Übernachtet haben wir in einem gemütlichen Bed-and-Breakfast oben auf dem Hügel, wo lustigerweise eine Woche später auch Fr. Eeek nächtigte, die gerade immer noch unterwegs ist. (Unbedingt auch ihre weiteren Bilder anschauen.)

Der folgende Tag in Oban war etwas trist, aber okay. Wir besuchten morgens eine katholische Werktagsmesse in der sehr heimeligen St. Columba’s Cathedral und verbrachten den weiteren Tag mit Spaziergängen durch die Stadt oder saßen an der Uferpromenade und sahen den Vögeln zu, wie sie bei Ebbe den Tang und die Steine nach Muscheln und Krebsen durchforsteten. Unter anderem brachte eine Nebelkrähe ihren beiden Jungen bei, wie man Muscheln knackt: Sie stieg immer wieder mit einer Muschel im Schnabel auf und ließ sie aus etwa 10 Metern Höhe auf die Felsbrocken fallen, um dann gemeinsam die Überreste zu inspizieren. Außerdem brüteten jede Menge Gryllteisten, die ich bis dahin in Schottland und Island nur sehr vereinzelt an Steilküsten gesehen hatte, mitten in der Mauer der Promenade, und flogen regelmäßig mit Fischen und Krebsen an oder planschten und tauchten in Gruppen im Wasser wie anderswo Enten.

Abends liefen wir zum unvollendeten und bizarren McCaig’s Tower und aßen später unten im Ort in einem feinen Fischrestaurant. Die Portionen waren tatsächlich aber so klein, dass wir uns anschließend auf einer Bank an der Hafenpromenade noch einen Karton Pommes vom Fish-n-Chips-Imbiss einwarfen.

Mittwoch schauerte es ständig, so dass wir froh waren, als es mittags endlich aufs Schiff ging. An Bord diesmal mit uns sechs Frauen und vier Männer, von denen wir bis auf eine Ausnahme wieder einmal die jüngsten waren. Dazu unser Skipper von letztem Jahr, seine Lebensgefährtin, ein Koch und eine junge Marinebiologie-Absolventin als Verstärkung für alle anstehenden Arbeiten. Nach der üblichen Einweisung zum Schiff und der Sicherheit an Bord ging es bei dichten Wolken los durch den Sound of Mull, wo wir kurz hinter Tobermory an der gleichen Stelle wie im vergangenen Jahr einem Seeadler begegneten, wie er oben auf dem Fels saß und die Gegend betrachtete. Vorbei an den anderen drei Small Isles (Muck, Eigg, Rum) dann nach Canna, wo wir ebenfalls waren, und sich inzwischen die Abendsonne blicken ließ, als wir ankerten, auf dem Schiff gemeinsam zu Abend aßen und uns freuten, wie gut die zusammengewürfelte Gruppe von Anfang an zusammenpasste.


(cc by-sa, Original von Eric Gaba)

Schottland 2017, Tage 14-16 und Schluss

von Barra nach Oban, über Canna und Tobermory/Mull
Original by Kelisi, edited, GNU free documentation license 1.2 and CC BY-SA 3.0

Tag 14: von Barra nach Canna

Bei schönem Wetter ging es nach dem Frühstück über die hebridische See in Richtung der Small Isles (Canna, Rum, Eigg und Muck), und die in den vergangenen Tagen oft am Horizont zu sehenden Umrisse Skyes rückten wieder ganz nah, besonders wo wir uns jetzt südöstlich näherten, wo die Cuillins hoch hinausragen. Schon von weitem konnte man eine sehr isländisch anmutende Insel erkennen mit vergleichsweise niedrigem Tafelberg und Basaltsäulen. Im Wasser rundherum flogen und schwammen viele Atlantiksturmtaucher, die ich zuvor noch nirgends bewusst wahrgenommen hatte. Auf den Fotos wirkt ihr Gefieder wie Samt.

Canna inklusive ihrer gezeitenweise getrennten Schwesterinsel Sanday hat keine zwei Dutzend Einwohner, ein Café, drei Kirchen, einen Selbstbedienungsladen (honesty shop) und nur eine kurze Straße, die man auf Sanday auch nicht einmal als solche bezeichnen kann – eine bei Flut überspülte Schotterstrecke. Nur ein paar Mal die Woche geht eine Rundfähre nach Rum, Eigg, Muck und Mallaig. Wir liefen um die Bucht herum und über die kleine Brücke nach Sanday, immer die Kirche auf dem Hügel im Blick mit den großartigen Bergen der Nachbarinsel Rum dahinter. Hier war die Zeit irgendwie verlangsamt. Es gab nicht wenig friedliche Orte auf der Reise, aber das war der idyllischste von allen.

(Auch der Wikipedia-Eintrag zu Canna mit seinen Details über Inselleben und z. B. die bekämpfte Rattenplage ist lesenswert.)

Tag 15: von Canna nach Tobermory

Der Tag begann windig und die erste Passage nach Süden zwischen Sanday und Rum kamen uns ziemliche Wellen entgegen, so dass wir zum ersten Mal sicher sein konnten, dass unsere Seefestigkeit gegeben und nicht bloß den fast durchgehend ruhigen Gewässern seit St. Kilda geschuldet war. Rum wirkte im Vorbeifahren wild und schroff mit seinen bis auf 800 Meter hohen Bergen und seiner Quasi-Unbewohntheit. Man kann dort aber wohl übernachten (beziehungsweise: muss, weil nur wenige Fähren in der Woche fahren), und ich stelle mir vor, dass es ein wunderbarer Ort für einen abgeschiedenen Urlaub mit Wildnis ist. Nach den üblichen 4-5 Stunden Fahrt erreichten wir den Sound of Mull, wo sich die Wellen sofort legten, und schipperten gen Tobermory, unserem Tagesziel. EIne Meile vorher wurde das Schiff langsam; ich dachte, weil wir bald den Hafen erreichen, doch dann sah ich, dass alle an der rechten Reling standen und an Land schauten: Ein Seeadler und ein Jungvogel saßen am Ufer und flogen etwas hin und her.

Schon die ganze Fahrt über hieß es über jeden Ort, es gebe dort auch Seeadler und Steinadler (für den die Engländer den viel schöneren Namen golden eagle haben), vor allem die vogelverrückten, mit Ferngläsern und Bestimmungsbüchern bewaffneten Brüder waren auf ständiger Ausschau, und jeder kurz über einen entfernten Hügel kreisende Greifvogel wurde aufgeregt diskutiert. Nur aus der Nähe hatten wir keinen gesehen. Aber hier saß er nun, vielleicht nur 40-50 Meter entfernt, am letzten Abend unserer Reise. Majestätisch und von Natur aus grimmig blickend betrachtete er eine Weile das Ufer, schwang sich in die Luft um mit wenigen Schlägen seiner großen Flügel zum nächsten Aussichtspunkt zu fliegen. Wundervoll.

In Tobermory konnten wir an Land gehen, doch es schüttete und war kalt, so dass wir nach einmal hübsches Hafensträßchen hin und zurück wieder an Bord gingen, etwas Heißes tranken und ich eine lange und gute Unterhaltung mit Paul hatte, einem vermutlich Anfang-70jährigen Hornisten, der nach vielen Jahren als Ingenieur in seine Berufung, die Orchestermusik zurückgekehrt war. Das Dinner war gut, aber leider kein Höhepunkt wie wir erwartet hatten – die Webseiten suggerieren, es gebe auch mal so richtig Meeresfrüchte, aber das war auf unserer Fahrt nicht der Fall, obwohl die Hummer- und Krabbenkutter teilweise direkt neben uns in den Häfen festmachten, Skipper Tim kam wie jeden Abend zu Käse und Rotwein dazu, wir bedankten uns bei der Crew und redeten ein wenig darüber, was uns in der Woche unterwegs besonders gefallen hatte. Für mich waren das ganz klar St. Kilda mit seinen Vogelfelsen und Canna.

Tage 16-17: zurück nach Hause über Oban und Glasgow

Früh wurde der Motor angeworfen und es ging die letzten drei Stunden durch den Sound of Mull zurück nach Oban, begleitet von abwechselnden Schauern und Sonnenflecken.

Der Rest unserer Rückreise war nicht sehr berichtenswert – vielleicht abgesehen von der Zugfahrt durch die Highlands von Oban nach Glasgow, die als eigenes touristisches Event durchgehen können. Für Glasgow hatten wir nichts vorbereitet; da die Gepäckaufbewahrung sehr teuer war und wir kein echtes Ziel hatten, liefen wir halt einmal mit unseren Handgepäck-Rollkoffern die Buchanan Street und George Square ab. Aber wenn man sich nicht auskennt, hat es auch wenig Zweck, so fuhren wir mit einem Standard-Linienbus zum gebuchten Hotel, das sich zwar „Airport Hotel“ nannte, aber anderthalb Meilen entfernt in einem nur mittel-heimeligen Viertel von Paisley lag. Immerhin gab es einen guten Fish-and-Chips-Imbiss um die Ecke.

Die Nacht war eher anstrengend (ein Hotelzimmer direkt neben dem Hauseingang, d.h. Türklingel, Telefon, Rezeptionsgespräche, Türdonnern…), es ging schon früh um sieben mit dem Taxi zum Terminal, und da sich der Flug um eine Stunde verspätete, verpassten wir auch in Amsterdam den Anschluss und waren schließlich erst gegen sechs Uhr abends statt um zwei wieder zurück. Die Möwe hatte noch ein paar Tage Urlaub, aber da ich im Zuge des Gesundheitstrainings mein Jahreskontingent so weit aufgebraucht hatte, dass es nur noch für Weihnachten reicht, musste ich direkt am Mittwochmorgen schon wieder ins Büro.

Seitdem bin ich immer noch mit einem Bein und halbem Kopf in Schottland (wogegen das Foto-Sortieren und die Blogeinträge natürlich wenig geholfen haben) und kann es kaum erwarten, irgendwann wieder dorthin zu kommen.

[Northern Light Cruising, verschiedene mehrtägige Schiffsreisen rund um die Hebriden von Oban aus, jährlich zwischen April und September. Keine Hochglanz-Kreuzfahrten, sondern Touren mit verantwortungsvollen Leuten, die das aus Leidenschaft machen. Für uns war es genau das Richtige. Für diese Werbung bekomme ich übrigens nichts.]