Archiv der Kategorie: Reisen

Verona

Nachdem uns Corona seit März 2020 – bis auf ein paar Tage in Mecklenburg-Vorpommern letzten Oktober – wiederholt die Urlaubspläne teilweise im letzten Moment torpediert hatte, hatten wir für diesen Sommer risikostreuend und etwas kopflos mehrere kurze Reisen geplant, in der Hoffnung, wenigstens eine würde stattfinden. So äugten wir seit Juli täglich auf Inzidenzkarten und waren froh, als die 5 Tage Verona und eine Woche friesische Küste möglich wurden, jeweils mit eigenem Auto und Ferienwohnung, damit das Ansteckungsrisiko nicht viel höher als zuhause würde.

Anlass für Verona war ein einmaliges Konzert von Carmen Consoli anlässlich ihres 25jährigen Plattenjubiläums vergangenes jahr, für das wir schon im Januar 2020 Karten gekauft hatten und das dann um genau ein Jahr auf den 25. August 2021 verschoben werden musste. Das, verbunden mit ein paar Tagen Italiengefühl, wo wir schon länger nicht mehr waren.

Die Hinfahrt war katastrophal. Eigentlich gibt es nur eine vernünftige Art, nach Venetien zu kommen: die Bahn. Einmal umsteigen in München und dann entspannt durch die Alpen zum Ziel rollen. Leider häuften sich in den vergangenen Wochen die Berichte über die Deutsche Bahn, die wohl im Gegensatz zur italienischen hemmungslos alle Plätze vollbucht. Unter Pandemiebedingungen ist die Aussicht dann nicht mehr so entspannt, zwei plus sechs Stunden in vollen Fernzugwaggons zu verbringen. So verbrachten wir stattdessen zwölf statt normalerweise sieben Stunden auf der vollen Brennerautobahn. Aber immerhin in eigener Atemluft.

Die Wohnung war sehr gemütlich und schön eingerichtet in einem Viertel nahe der Altstadt, mit einer uneinsehbaren Loggia, auf der man sitzen und essen konnte. Leider ging die Klimaanlage kaputt, was bei Außentemperaturen über 30 Grad unter dem Dach etwas anstrengend war, aber wir wollten ja italienischen Sommer. Die Idee, an einem Montagmorgen zum Gardasee zu fahren, an dem wir noch nie waren, um dort frischere Luft zu genießen und z. B. einen Wochenmarkt in Torre del Benaco zu besuchen, stellte sich als grober Fehler heraus, weil Unmengen anderer deutscher Tourist*innen die gleiche hatten. Nach vier Stunden im Auto (Parkplätze überlaufen, alles heillos verstopft) waren wir dann schlecht gelaunt wieder zurück in der Stadt.

Aber frische Brioche oder Focaccia in der Bäckerei um die Ecke kaufen, über den großen Wochenmarkt schlendern, wo man Lebensmittel, Kleidung und alles für den Haushalt bekommt, den Nachmittag lesend in der Wohnung rumfläzen, abends Nudeln oder Salat oder frischen Wolfsbarsch vom Markt essen, vom Castel San Pietro auf die Stadt hinabsehen, einmal einen Lieblingskollegen samt Familie treffen und gut unterhalten, in die Altstadt laufen, um dort abseits der allzu touristischen Plätze eine Kleinigkeit zu trinken, abends ein bisschen italienisches Fernsehen schauen, das war sehr schön.

Und schließlich am letzten Abend das Konzert. Was für ein Erlebnis in der großen Arena. Dreieinviertel Stunden Carmen Consoli non-stop mit Band und Orchester, während denen eine musikalische Weggefährtin (bzw. -Gefährte) nach der anderen auf die Bühne kam um mit ihr zu singen. Fantastisch. Und das Publikum kannte jede Textzeile auswendig. So Konzerte, die man nicht vergisst.

Die Rückfahrt verlief dann gottseidank ohne Stau. Zurück von 30 Grad Celsius auf 14.

Foto-Tipps für Ferienhaus-Vermieter_innen

Die Möwe und ich schwören auf Urlaub im Ferienhaus. Seit Jahren recherchieren wir für unsere Reisen Wohnungen auf verschiedenen Portalen und verfügen daher über etwas Erfahrung, die ich hier gerne teilen möchte.

Das Problem: Viele, die Ferienhäuser vermieten, scheinen nicht recht zu wissen, wie sie ihr Angebot im Netz bebildern sollen. Nicht wenige langweilen ihre potentiellen Gäste beispielsweise mit ermüdenden Raum-für-Raum-Fotostrecken. Das muss nicht sein. Deswegen hier meine besten Tipps:

  • Jeder weiß: Ist das Haus äußerlich schön, ist den Gästen alles andere egal. Zeigen Sie das Haus von außen, die schönen Blumenbeete, den Apfelbaum: fünfmal, siebenmal, zehnmal (erkennbare landschaftliche Lage drumherum ist optional). Wenn’s unbedingt sein muss, können Sie ja von innen ein Foto der 80erjahre-Couch hinzunehmen, das schafft zusätzliches Vertrauen.
  • Das wichtigste Prinzip in der Bildgestaltung ist die Isolierung des Objekts, das man darstellen will. Wählen Sie daher stets Perspektiven, auf denen man das unangenehm nahe Nachbarhaus nicht sieht.
  • Wenn Sie mehr als ein Objekt vermieten: mischen Sie die Bilder! So machen Sie immer gleich auch Werbung für die anderen Unterkünfte, und Ihre Gäste haben schon vor der Buchung Spaß, die unterschiedlichen Wohnungen und Grundrisse zusammenzupuzzeln.
  • Details! Wenn Sie schon Innenräume zeigen, beweisen Sie Ihren exquisiten Einrichtungsgeschmack und konzentrieren Sie sich auf Close-ups von Lampen, Vasen, Handtücher-Schwänen und Obsttellern.
  • Faustregel: Je kürzlicher etwas erneuert wurde (Dusche, Balkonmöbel, Espressomaschine, …), desto mehr Bilder davon und umso weniger vom Rest.
  • Die Ansicht eines Raums erschließt sich dem Betrachter erst durch mindestens 4 fast gleiche Fotos aus geringfügig unterschiedlicher Perspektive. Leicht veränderte Details in der Möblierung zwischen den Aufnahmen schaffen zusätzliche Spannung.
  • Niemanden interessiert die Küche.
  • Hochwertige, gut ausgeleuchtete Fotos wirken artifiziell und machen misstrauisch (überhöhte Preise?). Sehr viel bodenständiger und ehrlicher sind Handy-Aufnahmen. Blitz nicht vergessen!
  • Besucher aus dem weltweiten Internet wissen ja meist nicht, in welcher Gegend sie buchen, deswegen verzichten Sie wenn möglich gleich ganz auf Fotos der Wohnung zugunsten der wunderschönen Städte, Seen und Sportmöglichkeiten im Umkreis von 25 Kilometern, wegen denen die Gäste überhaupt kommen.
  • Bonustipp: Bei mit „Seeblick“ beworbenen Wohnungen vergessen Sie nicht das Foto von vor 12 Jahren, als die Bäume noch klein waren und man aus dem Abstellkammer-Dachfenster das Wasser sehen konnte.

Wenn ihr noch mehr gute Tipps habt, Leute, schreibt’s in die Kommentare! *Youtuber-Geste*

Ein Morgen im Stadtpark

Regen und grausiges Licht. Aber ganz egal, wenn man nach einer komplett im Haus verbrachten Woche* und mit der neuen Kamera ein paar Stunden draußen sein kann und es bei der Rückkehr auch noch Pancakes gibt. Über die Amseln habe ich mich besonders gefreut; seit das Usutu-Virus vor ein paar Jahren zugeschlagen hatte, sind sie in unserem Viertel praktisch ausgestorben.

*: Gelogen. Ich habe Schnee geschippt und die Mülltonne rausgestellt.

Taizé

Es ist schon wieder vier Jahre her, dass wir in Taizé waren. Taizé ist gewissermaßen mein spirituelles Zuhause; in den 90ern zu Studienzeiten war ich in manchen Jahren sogar zwei Mal dort. Gedacht ist der Aufenthalt dort nach wie vor hauptsächlich für junge Leute zwischen 16 und 30, aber auch „Erwachsene“ sind grundsätzlich willkommen. Eine Woche mit augenöffnenden Bibelstunden, Gesangsunterricht, gemeinsamer Arbeit (wir waren wieder zum Geschirr spülen eingeteilt, was Spaß macht), und als Taktschlag die drei gemeinsamen Gebete am Tag mit den wunderbaren, stets mehrstimmigen Gesängen und der langen Zeit der Stille darin – ich kenne keinen Ort, an dem ich müheloser den ganzen Alltagskrampf hinter mir lassen kann, meiner Seele und Gott hinterherspüren, und darüber nachdenken, wo ich im Leben eigentlich gerade stehe.

Der kaputte Reifen gleich am ersten Abend hätte nicht sein müssen, und insgesamt war es Anfang Oktober auch im Burgund zwischendurch schon ziemlich kühl und nass, aber das hat nichts an dem geändert, dass die Woche dort wie jedes Mal eine ganz besondere Erholung und innere Ruhe mit sich brachte. Die Handyfotos als Impressionen können das nicht wirklich einfangen.

Anschließend verbrachten wir, quasi auf halber Strecke zurück, noch vier Nächte im Elsass, mit kleinen Wanderungen, viel Rumschlumpferei, und gutem Essen (etwas, wofür Taizé nicht so sehr berühmt ist). Die Möwe arbeitet heute Abend schon wieder, meine Arbeit geht dann am Montag wieder los, unter neuer Organisationsstruktur und neu zusammengewürfelten (aber bekannten) Chefs. Ich bin nicht gerade enthusiastisch, aber sehe dem Büro und der Zeit bis zum Jahresende schon wieder sehr viel gelassener entgegen.