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22 Fragen

Ja genau, 22 und nicht 11, weil ich in den vergangenen Wochen insgesamt schon zwei mal mit Stöckchen beworfen wurde, nämlich einmal von der geschätzten früheren Blog-Nachbarin Sturmfrau und einmal von der lieben adelhaid. Sonst bin ich ja nicht so ein Fan von Blogstöckchen, aber die Fragen fand ich schön.

Sturmfrau möchte wissen:

1. Wenn Sie etwas doch ändern könnten, vom dem Sie zur Zeit überzeugt sind, dass es nicht zu ändern ist, was genau wäre das?

Der Trend, mit dem unsere Gesellschaft auseinanderdriftet und sich in einzelne, abgegrenzte Milieus aufsplittet, insbesondere auch in punkto Vermögen. Auch auf Privatschulen wächst eine in sich geschlossene Parallelgesellschaft.

2. In welchen Situationen fühlen Sie sich besonders lebendig?

Am Meer.
In der Begegnung mit frei lebenden Vögeln und anderen Tieren.
Mit anderen singend, am liebsten mehrstimmig.
Sowie eine, die euch nix angeht.

3. Wie würden Sie den Platz gestalten, an dem Sie leben, wenn Sie alle Möglichkeiten dazu hätten?

Er würde genauso Phasen der Gemeinschaft wie auch Rückzug erlauben. im hiesigen Wohnviertel ohne wirklichen Mittel- oder Anlaufpunkt überwiegt Letzteres – das kommt meinem Naturell zwar entgegen, aber andererseits kenne ich auch nach fast vier Jahren gerade mal die unmittelbar angrenzenden Nachbarn, was ich schade finde.
Ansonsten haben wir unser persönliches Traumhaus gefunden und innen so gestaltet, wie es uns gefällt: mit schön großem Koch- und Essbereich, bequemem Wohnzimmer, Platz im Haus für ganz viele Übernachtungsgäste (der durchaus schon mal mit Familie ausgeschöpft wurde), und rundherum einer schönen Mischung aus städtischer Infrastruktur und ländlicher Landschaft. Aber unsere Familien wohnen definitiv durch die Bank viel zu weit weg, die sollen alle her ziehen.

4. Was wünschen Sie sich für die Zeit Ihres Altwerdens?

Einen gesunden Tagesrhythmus zwischen Tun und Lassen. Dass unsere Gesundheit der Möwe und mir ganz viele schöne Jahre erlaubt. Enkel auf dem Schoß.

5. Wie sind die Menschen, mit denen Sie Ihr Leben teilen möchten?

Warmherzig. Vertrauensvoll. Offen, neugierig. Gerechtigkeitsempfindlich. Begeisterungsfähig.

6. Wie die, mit denen Sie es teilen?

So. Meinen Söhnen würde ich noch mehr Vertrauen und Offenheit wünschen.

7. Und wie sind die, mit denen Sie es teilen müssen?

Wenn man von der Möwe, meinen Söhnen und Freunden absieht, bleibt ja nicht mehr viel außer dem Büro (Nachbarschaft zählie ich jetzt mal nicht). Da begegnen mir viele, die sehr auf Besitzstände aus sind, die z. T. Angst vor Fremden und vor sozial schlechter Gestellten haben, gleichzeitig selbstverständlich in den entferntesten Teilen der Welt Urlaub machen und ihre vielfältigen Privilegien kaum wahrnehmen oder gar infrage stellen. Es gibt wohl auch deswegen zwischen meinem Privatleben und der Arbeit kaum Überschneidungen. Aber das ist okay.

8. Welche verlorengegangenen Eigenschaften vermissen Sie an sich selbst?

Das Musikmachen und -hören als zwingendes tägliches Bedürfnis.

Ansonsten bin ich froh, mich weiterzuentwickeln und dabei auch die eine oder andere Eigenschaft oder Verhaltensweise abgelegt zu haben.

9. Gibt es eine Überzeugung, an die Sie früher felsenfest geglaubt haben, die jetzt aber für Sie überholt ist? Wie fühlt es sich an, daran zu denken?

Früher war für mich selbstverständlich, dass alles Verhalten, alle guten und schlechten Dinge, die in der Welt passieren, von Individuen und ihren Intentionen abhängen. In den vergangenen Jahren habe ich gelernt, dass Gesellschaftssysteme eine ganz eigene, viel starrere Ebene bilden, auf der Macht, Ressourcenverteilung und Abhängigkeiten jenseits aller persönlicher Absichten und Handlungen zugewiesen werden. Heute ist mir daher manches von dem, was ich früher gedacht und von mir gegeben habe, etwas peinlich.

10. Womit befassen Sie sich, wenn Zeit keine Rolle spielt?

Wenn ich in entsprechender Stimmung bin und Licht und Umgebung passen: Fotografieren. In neuerer Zeit auch schon mal schwallartiges Seriengucken. Früher oft, heute nur noch sehr selten: Stundenlanges Herumklimpern und -probieren auf Gitarre oder Vibraphon.

11. An welchem Ort fühl(t)en Sie sich sich selbst am nahesten?

Am Meer. Oder in anderweitig atemberaubenden Landschaften. Kann aber auch eine kleine, alte Kirche sein.

 

Und adelhaid hat gefragt:

1.winter oder sommer?

Sommer. Glatter Sieg nach Tageslänge, Licht und Wärme – Winter kann zwar traumhaft schön sein, bedeutet aber viel zu oft nur wochenlang schwer bedeckte Himmel und nasskaltes Wetter.

2. gartenarbeit oder lieber nicht?

Gute Frage für einen, der sich den Nicknamen giardino gegeben hat. Seit unserem Umzug vor vier Jahren besitzen wir ja endlich selbst einen. Ungefähr seitdem sehe ich Gärten auch nicht mehr ganz so romantisch. Wenn mich der Anblick nervt, dann schneide ich schon mal die Sträucher oder mähe den Rasen, was sich anschließend auch gut anfühlt. Ansonsten bedeutet Gartenarbeit für mich aber nicht die Meditation und Entspannung als welche sie offenbar viele Menschen empfinden. Wenn es nicht ganz so dekadent wäre, würde ich einfach jemanden bezahlen, der sich um alles kümmert. Ein wenig perfekter, aber dafür pflegeleichter Garten reicht aber auch.

3. glück beim bahnfahren?

Ja, wenn Teil der Reise und ohne Zeitdruck. Aber auch großer Ärger und Kontrollverlustwut, wenn man ankommen möchte und stattdessen alles schiefgeht. Seit einem entsprechendem Erlebnis im legendären August 2003 mit ausgefallenen Klimaanlagen, nächtlicher Ankunft nach einer schier endlosen Irrfahrt und Fehlentscheidungen aufgrund falscher Informationen seitens Bahnmitarbeitern sowie einer niedergebrüllten Servicepoint-Mitarbeiterin (falls Sie das jetzt lesen und sich daran erinnern, ich bitte vielmals um Verzeihung!) fahre ich im Zweifelsfall lieber Auto und stehe vollkommen selbstverschuldet im Stau. Aber die langen Zugfahrten in den Kurzurlaub nach Venedig oder Padua in den letzten Jahren waren sehr schön.

4. wieviele sprachen sprichst du und warum?

Latein war erste Fremdsprache in der Schule, zählt aber nicht, weil trotz großem Latinum völlig verdrängt.
Französisch wegen der vielen Bretagne-Urlaube als Kind und Jugendlicher (und ein wenig in der Oberstufe) – reicht, um als Tourist zu überleben, aber eher nicht für längere Erzählungen oder Diskussionen.
Englisch natürlich als zweite Schulfremdsprache, aber erst richtig durch mittlerweile 24 Jahre Internet, 18 Jahre Beruf und inzwischen auch einiges an Filmen und Serien in Originalsprache. Vor allem auf der Arbeit muss ich jeden Tag mit Kollegen und manchmal Kunden aus der ganzen Welt kommunizieren, schriftlich wie mündlich.
Italienisch seit meinen Tourneen mit dem Chor aus Turin als Jugendlicher / junger Erwachsener, ganz ohne Lehrbuch oder Kurs gelernt, entsprechend flüssig und alltagstauglich, aber ganz schön holprig, wenn es um spezielle Themen geht. Wobei, neulich habe ich es sogar einigermaßen geschafft, einem Kunden mein Produkt und dessen Technik auf Italienisch zu erklären.
Seit ich die Möwe kennengelernt habe, spreche ich natürlich auch schon mal mit ihrer Mutter oder weiteren sardischen Verwandtschaft auf Italienisch. Sardisch selbst kann ich aber leider überhaupt nicht, da verstehe ich vermutlich sogar noch Spanisch besser.

5. krümelesser oder eher ordentlich?

Krümel und Unordnung. Und Teller ablecken.

6. was macht das geräusch von vorbeiziehenden gänsen mit dir?

Es zieht irgendwas in mir mit.

7. gibt es die liebe auf den ersten blick? (und hält sowas dann auch?)

Ja, gibt es. Wobei Liebe für die Dauer von Beziehungen vielleicht die beste und wichtigste Voraussetzung, aber nicht ausreichend ist. Hierzu müssen auch andere Wertvorstellungen, Interessen, Umgang mit Geld, Umgang mit Schwäche, Arbeitsverteilung, Selbstachtung und andere Dinge in Balance sein bzw. immer wieder gebracht werden.

8. wieviele fernbedienungen nutzt du um bewegte bilder auf dem fernseher sehen zu können?

Ha, seit ich (mit schlechtem Gewissen, weil der alte erst 9 Jahre alt und doch noch total gut(tm) war) einen neuen Fernseher habe, brauchen wir nur noch eine für den Fernseher sowie eine separate für den Player. Früher gab es noch eine mehr für einen Satellitenreceiver, und heute gehen die Geräte schon alle miteinander an und aus, inklusive der Soundanlage. Hätte nicht gedacht, wieviel Spaß das alles macht

9. brötchen, semmel oder schrippe (oder ganz was anderes?)?

Du maanst Weggla? Für mich als Zugezogenen vom Niederrhein/Ruhrgebiet immer noch Brötchen – und interessanterweise findet man hier alle Brötchenbegriffe auch in den Bäckereien, wo sie dann unterschiedliche Formen von Brötchen bezeichnen.

Wenn es um Frühstück geht, dann aber lieber einen Schokomuffin (nur den von der Möwe) oder einen Krapfen mit Puderzucker und Hagebuttenmark.

10. hafen oder alster?

Verstehe die Frage nicht. Als ehemaliger Duisburger mag ich sowohl große Häfen als auch Flussufer.

11. liebster wochenendablauf?

Samstag morgens leckeres Essen fürs Wochenende planen, einkaufen, den Tag über Dinge erledigen, abends was kochen, Schönes gucken, Sonntag lang schlafen, in die Kirche gehen, rausgehen / spazieren, Internet leer lesen, Kaffee, lecker kochen, Tatort. Alles gemeinsam mit der Möwe. Ja, so sieht ein gutes Wochenende aus.

 

Jetzt gehört eigentlich noch zum Spiel, den Kettenbrief nicht abbrechen selbst 11 Fragen zu formulieren und weiterzugeben, aber es ist nach Mitternacht und dieser Eintrag würde erst einmal wieder nicht fertig. Vielleicht später.

Lebenszeichen

Die unproduktive und letztlich nicht erklärbare Hektik in der Firma, jedes Jahr von Mitte September bis Weihnachten. Schon wieder so gut wie nichts von meiner Lieblingsjahreszeit mitbekommen. Und am Ende auch noch ein zum Teil selbst mitverursachter Misserfolg. Lehrgeld.

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Spannende Dienstreisen. Am gewaltigen Jangtse gestanden und das 360°-Hochhauspanorama von Wuhan bestaunt, aber auch bei 27 Grad Celsius Außentemperatur durch eine weihnachtlich geschmückte Mall in Houston gelaufen, vorbei an Schlittschuh fahrenden Kindern. Dabei erste Male ganz alleine getan: 1. Taxi in China fahren, ohne auch nur ein Wort der Sprache zu beherrschen. 2. Mit dem Mietwagen in den USA.

Mit am Eindrücklichsten wie oft die Kundenbesuche; das Provinzkrankenhaus in China mit dem landestypischen und für hiesige Verhältnisse… gewöhnungsbedürftigen Verhältnis zu Patientenpflege und Strahlenschutz. Plus anschließendem Mittagessen, bei dem der Abteilungsleiter des Krankenhauses versuchte, alle Beteiligten mit Reisschnaps betrunken zu machen (inklusive Toasts auf Frau Merkel und die deutsch-chinesische Freundschaft). Oder eine Frühschicht ab 3 Uhr morgens in einem hochmodernen US-Krankenhaus durch lauter große Intensivstationen zu begleiten. Krankenhäuser mit Lobbies wie Luxushotels, samt Springbrunnen und Live-Geklimper am Piano.

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Ein Wochenende in Rostock verbracht, anlässlich eines Geburtstags. Eine schöne Stadt.

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Seit Ewigkeiten nicht mehr gebloggt, seit Monaten herumliegende Mails, die auf Antwort warten. Nichts zu sagen gehabt, zu wenig Konzentration, zu wenig Energie zu schreiben. Selbst auf der Speicherkarte der großen Kamera waren nur eine Handvoll Fotos des letzten halben Jahres, alle aus dem Haus heraus aufgenommen: Mondfinsternis, Fasane, ein Regenbogen. Die letzten Wochen dann zunehmend genervt. Das erste bisschen Advents- oder Weihnachtsstimmung irgendwann am Heiligabend verspürt. Beim gemeinsamen Nudelteigmachen noch unnötig mit der Möwe gestritten. Danach wurde es besser.

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Ballett am 1. Feiertag abends („Latent“ von Goyo Montero am Staatstheater Nürnberg, düster und wie immer großartig – Eindrücke siehe hier), ein ruhiger, schöner 2. Tag mit meinem „Kleinen“. (Der Große mochte nicht kommen, was sehr schade ist. Aber wir sprechen seit einer Weile wieder miteinander). Gemütliche und entspannte Tage bei unseren Familien in Duisburg.

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Was bin ich schon an Klippen herumgeklettert oder habe auf Ausflugsbooten versucht, entfernt sitzende oder fliegende Kormorane einigermaßen unverwackelt aufs Bild zu bekommen. Und dann geht man am Duisburger Innenhafen spazieren, wo sie im Dutzend in unmittelbarer Nähe auf Pfeilern posieren.

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Über den Jahreswechsel wieder im Kloster gewesen. Mit Spaziergängen in der Sonne ebenso wie im Eifeler Nieselnebel, mit Lesen, gemeinsamen Meditationen, schönen Gesprächen mit den anderen und einem Gottesdienst am Silvesterabend, der hinüber ins neue Jahr reichte und die so oft nur frustrierenden Silvesterfeiern mit TV, Countdown und Geböller vergessen machte.

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Mehr denn je dankbar für all das Gute und Positive in meinem Leben, für die Möwe, für unsere Familien und Freunde, für einen erfüllenden Beruf und finanzielle Sorglosigkeit. Manches werde ich im Laufe der nächsten Zeit vielleicht ändern; vor allem was den Tagesablauf und die Nutzung von sozialen Medien angeht spüre ich, dass ich etwas ändern muss. Nicht, weil ein „Jahresanfang“ mit seinem künstlichen Bruch irgendwelche Vorsätze erfordern würde, sondern weil im Innern gerade seit längerem endlich etwas Ruhe zurückkehrt und Gespür für das, was gut tut.

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Zur Rückkehr der erste Schnee des Winters im Garten.

#fischgedicht

fish

Ich glaube der @grindcrank hatte damit angefangen, jedenfalls gibt es ein kleines Twitter-Mem namens #fischgedicht, das ein paar andere und mich reizt, immer noch ein Gedicht dranzuhängen. Und Gedicht-Meme sind beste Meme, da muss man noch nicht mal die Twittergedichte von Fr. Holofernes bemühen.

So mancher tolle Hecht
Riecht nach zwei Tagen schlecht

Oh, wie ich diese Brasse
hasse!
Einzig die Makrele
spricht mir aus der Seele!

Ich winke der Dorade
Doch sie schwimmt weiter. Schade.

Der Hammerhai schwört vor Gericht
„Das mit dem Plattfisch war ich nicht!“

Frau Hering ward das Herz so warm
(sie hatte einen neuen Schwarm)

(wird ggf. fortgesetzt)

Fürth

Vor drei Jahren sind wir ja von Erlangen nach Fürth gezogen, zunächst einmal wegen der wunderbaren Stadtrandlage, der Nähe zu unseren beiden Arbeitsstellen und nicht zu vergessen des Preises, der für so ein Häuschen in Erlangen sicher anderthalb mal so hoch gewesen wäre. In Folge lernten wir dann auch die eigentliche Stadt kennen, die seit jeher im Schatten (und Spott) der 4-5 mal so großen Nachbarstadt Nürnberg steht, aber vielleicht gerade deswegen einen anderen Charakter entwickelt hat, bodenständiger und, wie ich finde, freundlicher. Hier leben die unterschiedlichsten Leute friedlich und meist wohlwollend miteinander, und wenn sich z. B. die Michaelis-Kirchweih mit ihren Buden und Fahrgeschäften mitten durch das Stadtzentrum ausbreitet, so trifft man dort auch noch abends gleichermaßen Teenies, Familien und alte Leute, anders als bei den großen Volksfesten in den Nachbarstädten.

Wie auch in diesem wunderbar ruhigen Portrait der Innenstadt und ihrer Bewohner, Werkstätten und Kneipen gesagt wird: Zunächst einmal sind die Leute hier eher beobachtend und zurückhaltend, aber dahinter herzlich und tolerant. Und die Stadt selbst mit ihren schönen historischen Gebäuden, ihren breiten grünen Flusswiesen um die Altstadt herum und ihren ländlichen äußeren Ortsteilen ist einfach schön. (Dass sich hier außerdem die Flüsse Rednitz und Pegnitz auch buchstäblich zur Regnitz vermischen, finde ich als oller Sprachspieler großartig.)

Ich bin froh hier zu wohnen. Und der Film vermittelt etwas davon, warum:

(die 30 Sekunden Intro einfach überspringen, die gehören zur Sendereihe und haben nichts mit Fürth zu tun)