Wir brauchten dringend ein paar Tage Abstand von der Arbeit, da bot sich das einmalige Verhältnis Urlaubstag vs. freie Tage von 1:5 ja mehr als an. So hatten wir schon vor einiger Zeit eine Ferienwohnung auf der Insel Reichenau im Bodensee reserviert, eigentlich ein Dachzimmerapartment, klein und gemütlich, und vor allem mit bodentiefen Fenstern zum See. Samstag ruhig angehen lassen, mittags losgefahren, bei Stuttgart im Stau gestanden, kurz vor der Ankunft noch ein paar Lebensmittel eingekauft und – leider kurz nach Sonnenuntergang – angekommen, als der Wind schon blies und der Himmel dramatisch leuchtete. Nudeln mit Pesto gekocht und die Nacht bei lautem Dauerrauschen der Bäume und Wellen verbracht, das auch bis zum nächsten Abend anhalten sollte.
Entsprechend den ganzen Sonntag drinnen verbracht, geschlafen und gelesen, und lange einfach nur den Surfern zugeschaut, die stundenlang mit herkömmlichem Surfbrett oder aber Kites unter unserem Fenster im stürmischen Wind kreuzten und teilweise atemberaubende Sprünge vollführten. Die Möwe kochte einen Eintopf, und irgendwie war der Tag auch schon vorbei, ohne dass ich einen Schritt vor die Tür gemacht hatte.
Umso schöner der nächste Morgen, fast wolkenfrei (aber ganz schön kalt), wir machten uns schon früh auf, um durch die Schweiz an das andere Ende des Sees ans Rheindelta zu fahren, das laut Vogelführer ein absolutes Muss sein sollte. Nun, die Artenvielfalt war nicht sonderlich groß wie erhofft, aber dafür sahen wir mehr Kormorane, Kolbenenten und Blässhühner auf einmal als je zuvor. Zudem schien die ganze Zeit die Sonne, so dass man an windschattigen Stellen richtig durchgewärmt wurde.
Nachmittags den gleichen Weg wieder zurück, nach Konstanz, wo wir ein paar Kilometer durch die große und schöne Altstadt liefen und schließlich für die Feiertage einkauften. Auf dem Weg zurück nach Reichenau machten wir halt an einer Pizzeria und nahmen Nudeln und Pizza mit als Abendessen, nach dem wir rechtschaffen müde vom Laufen und der kalten Luft ins Bett fielen.
Am Reformationstag ließen wir es ruhig angehen und fuhren am Nachmittag zwischen Reichenau und Moos den Untersee entlang, beobachteten jede Menge Vögel, aßen draußen sitzend Kuchen und tankten Sonne. Am Abend gab es dann Salat, Pasta mit Kräuterseitlingen und einen Nachtisch (und natürlich Espresso aus der kleinen Caffetiera, ohne die wir eigentlich nie wegfahren), immer mit Blick aufs Abendrot und den See. Ich kann mir nicht vorstellen, dass mir ein solcher Ausblick jemals langweilig werden könnte, selbst wenn ich dort wohnte.
Blässhühner sind lustig.
Allerheiligen ging es ohne besonderes Erlebnis zurück, natürlich wieder mit einem einzigen Stau: bei Stuttgart. Schöne Tage waren das, wenn auch viel zu wenig, um den Ärger, den ich derzeit auf der Arbeit habe und der mich viel zu früh morgens aufwachen und grübeln lässt, auch nur annähernd zu vertreiben. Dass mir mein Teamleiter heute einen dicken Stein aus dem Weg geräumt hat, der mir akut im Magen lag (äh… ein Fall für den Metaphernnotdienst, glaube ich), hat mich auf einen Schlag viel mehr entspannt – vielleicht werden freie Tage in dieser Hinsicht überschätzt. Ich hoffe, ich halte erst einmal wieder durch. Neue, vielversprechende Stellenangebote taten sich heute auch auf. Wir werden sehen.