Archiv der Kategorie: Musik

Zwischen den Jahren

Was 2016 nicht so schön war: die Gesundheit. Die Hälfte des Schottlandurlaubs weitgehend invalid in der Unterkunft herumzuhängen, auch Wochen danach noch Tag für Tag mit Rückenschmerzen herumzuhumpeln, vom Arzt in anderer Sache Sätze wie „dafür sind Sie eigentlich noch zu jung“ zu hören – in dem Jahr wurde ich zum ersten Mal ernsthaft damit konfrontiert, dass mit der zweiten Hälfte der 40er auch der Körper nicht mehr so selbstverständlich und sorgenfrei funktioniert wie früher. Und kurz vor Weihnachten hat auch die Möwe nachgelegt. Nicht schön. Damit ist auch ein Thema für 2017 gesetzt: Nachhaltig fitter werden. Dass mein Arbeitgeber mir nach drei Jahren auf der Warteliste für diesen Frühling endlich den Termin für ein dreiwöchiges Gesundheitstraining im Schwarzwald zugeteilt hat, passt schon mal sehr gut.

Der geschenkt bekommene Noise-Cancelling-Kopfhörer kann seine Stärken angesichts spärlich anwesender Kolleg*innen zwar noch nicht ausspielen, aber verspricht ebenfalls eine gute Verteidigungswaffe Hilfe fürs Großraumbüro zu werden.

Ebenfalls hätte ich 2016 gerne darauf verzichtet zu erleben, wie viele Menschen sich darin gefallen, Hass, Rassismus und generell eine Spaltung der Gesellschaft zu akzeptieren, wenn nicht voranzutreiben. Brexit, Erdogan, Trump, AfD – die Lust an der Demontage von Minderheitenrechten und gesellschaftlichem Zusammenhalt ist trotz hoffnungsvoller Gegenmomente erschreckend. Ich bin dünnhäutig geworden und kann den Ton, mit dem selbst in der Kuschelgruppenecke meiner Twittertimeline direkt oder indirekt (z. B. in verlinkten Texten) auf andere eingedroschen wird, nurmehr schwer ertragen. Daher bleibt Twitter fürs erste aus und ich twittere sozusagen im Blog. Auch wenn das – verglichen mit meinen schon nicht übermäßig vielen Followern auf Twitter – hier quasi unter Ausschluss der Öffentlichkeit passiert. Aber seelisch muss ich dieses Jahr eine neue Balance finden und das Dämpfen täglicher Weltschmerzreize gehört dazu. (Ich weiß sehr wohl, dass es ein Privileg ist, das überhaupt tun zu können.)

Was 2016 schön war: Fünf Jahre nach dem Umzug endlich erste Schritte in der Kirchengemeinde getan. Gemeinsam mit anderen Gottesdienste vorbereitet, gelesen, sogar etwas vorgesungen. Liturgie war immer schon mein Steckenpferd, und diese Möglichkeit mich einzubringen hat mir gefehlt. Abgesehen davon, dass wir damit auch langsam im Viertel Wurzeln schlagen und schon eine ganze Reihe sehr freundlicher Leute kennengelernt haben.

2016 seit langem mal wieder viel Musik entdeckt und/oder über neue Alben gefreut:

Marble Sounds, „Toutou“ (melodiöser Pop aus Belgien)

Bon Iver, „Bon Iver“ und „22, A Million“ (ja, ich kannte bis zu diesem Jahr nur „Holocene“, der Hype nach ihrem ersten Album war ganz an mir vorbeigegangen)

Die Höchste Eisenbahn, „Wer bringt mich jetzt zu den Anderen“ (Die Band kannte ich bis zur Empfehlung durch @jholofernes auch noch nicht. Bisschen vernuschelter Gesang, aber schöne Textzeilen und herzerwärmende Arrangements.)

Dream The Electric Sleep, „Beneath the Dark Wide Sky“ (Hardrock mit guter Stimme, erinnert an bessere Sachen aus den 80ern)

Radiohead, „A Moon Shaped Pool“ (Lieblingsalbum des Jahres)

The Notwist, „Superheroes, Ghostvillains and Stuff“ (Super Album. Ich bin ja eher der Studioalbum-Typ, weil meist besser eingesungen und arrangiert. Aber was The Notwist live aus den Songs rausholt, ist großartig.)

Nico Muhly, „A Good Understanding“ (entrückende Chormusik)

Ich wünsche euch ein gutes Jahr.

Judith Holofernes im E-Werk

Was für eine anstrengende und frustrierende Arbeitswoche. Bin ich froh, dass ich kurzfristig noch eine Karte gekauft hatte, nachdem ich erfuhr, dass Judith Holofernes am Freitag im Erlanger E-Werk auftreten würde. Zusammen mit einer Band von lauter MultiinstrumentalistInnen spielte sie Songs von ihrem Soloalbum Ein Leichtes Schwert (plus – wohl um überhaupt auf Konzertlänge zu kommen – eine Reihe von eingedeutschten Coverversionen sowie den Titelsong ihres allerersten Soloalbums Kamikazefliege). Und verbreitete dabei so viel Spaß und Begeisterung, dass die Woche doch noch mit einem glücklichen, breiten Grinsen (und mal wieder etwas sekundenverliebt) endete.

Thru You Too

Vor einigen Jahren tauchte auf Youtube eine Serie von genialen Musikvideos auf. Kutiman, ein israelischer Musiker, hatte dazu Unmengen von privaten Youtube-Clips durchforstet, auf denen Leute singen, musizieren oder sonstige Geräusche machen, um schließlich aus jeweils zwei, drei Dutzend davon ein ganz neues Musikstück samt Video zu komponieren, meist etwas in Richtung Soul, Funk und Reggae. Dieses hier <klick> war z. B. eines meiner Favoriten.

Nach einer Reihe von anderen Projekten hat Kutiman nun nachgelegt; nächste Woche soll die zweite Sammlung erscheinen. Die ersten Videos mit etwas langsameren Nummern sind schon raus, und ich bin schon wieder total begeistert. Das ist wohl diese Remix-Kultur, von der man so oft hört, aber die man so selten sieht.

(mit Vibraphonsolo!)