Ein Morgen bei den Bienenfressern

Ich hatte mir vorgenommen, in diesem Frühling den Bienenfressern etwas Zeit zu widmen, die ich bislang nur einmal vor zwei Jahren kurz gesehen hatte. Diese außergewöhnlichen Vögel, die aussehen, als wären sie in gleich mehrere Farbtöpfe gefallen, brüten in Deutschland zwar nur in kleiner Zahl, aber wohl klimawandelbedingt immer häufiger. Also Sonntag früh bei herrlichem Wetter Kamera und Bean Bag ins Auto geworfen und los. Nach einer Stunde Fahrt an einem Steinbruch in Mainfranken angekommen, steige ich erst einmal aus um die Friedlichkeit des menschenleeren Orts einzuatmen.

Gleich in der ersten Minute höre ich Nachtigall, Pirol, Kolkrabe, Kuckuck, Turteltaube und Bienenfresser. Alle an einem Ort! Wahnsinn. Der Rabe mit dem merkwürdig nacktem Gesicht fliegt über mich hinweg, auf dem Feld jagen zwei Turmfalken, im hohen Gras sitzt eine Goldammer und in der Ferne sehe ich auch schon ein paar Bienenfresser fliegen.

Die Zufahrt in den Steinbruch, wo sie ihre Bruthöhlen in die Wände graben, ist aus guten Gründen abgesperrt, deswegen fahre ich an eine Stelle, wo man von der Straße aus sehen kann, wie sie umherfliegen und sich auf dem maroden Zaun niederlassen, um dort gerade gefangene Insekten zu vertilgen, sich zu putzen oder auch nur einfach in der Morgensonne zu sitzen. Die Luft ist voll von ihren weichen „prüüh-prüüh“-Lauten, ich sitze völlig geflasht im Auto hinter meinem Tarnnetz und vergesse die Zeit.

Hier sitzen zwei auf ihren Zaunpfählen, von denen einer kurzerhand eine Runde dreht, um sich einen Brummer aus der Luft zu pflücken:

Hier ruft ein einzelner vor sich hin, nachdem er zuerst ein irgendwie nicht bekömmliches Insekt ausgespuckt hat:

Bienenfresser fressen tatsächlich Bienen, wofür sie eine eigene Technik entwickelt haben, vor dem Verspeisen das Gift aus dem Körper zu pressen. Aber sie fangen auch jede Menge anderer größerer Insekten im Flug, mit sehr viel Fotografenglück sogar einen Admiralfalter. Wenn man ein Bienenfressermännchen ist, wird eine so prächtige Beute jedoch nicht unbedingt selbst verzehrt, sondern zur Brautgabe, die dem Weibchen beweist, wie gut man in der Brutphase sie selbst und später auch die Nestlinge füttern kann. Was für ein Schauspiel!

Zum Schluss steige ich noch einmal vorsichtig auf der abgewandten Beifahrerseite aus und versuche, aus dieser Deckung die Vögel im Flug zu fotografieren, vor allem um ihre wunderbare Rückenfärbung aufs Bild zu bekommen. Leider fliegen sie schnell und haben von wenigen Schwebephasen abgesehen recht erratische Flugbahnen, zudem flimmert die warme Luft in der Sonne bereits so kräftig, dass ich nur einige sehr entfernte und unscharfe Fotos hinbekomme. Aber ich war ja nicht zum letzten Mal hier.

Auf dem Heimweg mache ich noch an anderer Stelle Station, wo unlängst Ortolane gemeldet wurden, eine Ammernart, die bei uns aufgrund Verlust ihres Lebensraums sehr selten geworden ist (während sie anderswo immer noch gefangen und verspeist werden 😠). Ich selbst habe sie noch nie gesehen, und das sollte fürs erste auch so bleiben. Immerhin jetzt mal gehört – zumindest, wenn ich der Vogelstimmen-Erkennungs-App trauen darf. Ich selbst hätte die Stimmen ohne weiteres für Goldammern gehalten. Auf dem Weg durch Streuobstfelder und einen Wald bin ich zudem noch einem schicken Raubwürger, einer außerirdisch anmutenden Blauflügel-Prachtlibelle und erstmals einem Waldbrettspiel begegnet, dessen korrekter Name ganz offensichtlich nur Schokofalter lauten kann. Was für ein schöner Morgen.

4 Gedanken zu „Ein Morgen bei den Bienenfressern

  1. Alexandra

    Vielleicht hat der „Einsame“ auch nur abgefressene Heuschreckenbeine und sperrige Käferflügeldeckel ausgespuckt, so ähnlich wie Eulen ihre „Gewölle“ mit Knochen, Zähnen und Fell? Wäre interessant zu wissen …

    Danke fürs Mitnehmen und danke für die schönen Bilder und Töne!

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