12.1. – Elphie, Obama, Vaternamen

Wow, sieht die Elbphilharmonie nicht großartig aus? Dieser Saal mit den Terrassen rund um das Orchester herum, so schön. Ich hoffe, irgendwann auch einmal dort zu sitzen, mit geschlossenen Augen, und von der Musik und dem Klang weggefegt zu werden, z. B. mit Prokofiev.

(eines der Fotos ist nicht im Miniaturwunderland gemacht worden :-)

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Obamas Abschiedsrede gesehen, so wie viele seiner Reden der letzten acht Jahre. (Und wie immer mit leichtem Phantomschmerz – würden doch deutsche Politiker*innen so reden können.) Ich war sehr gespannt, wie er auf die sich anbahnende Katastrophe der zukünftigen Regierung eingehen würde, auf die schon angekündigte Rücknahme aller innenpolitischen Errungenschaften der letzten Jahre, auf den brandgefährlichen neuen außenpolitischen Kurs. Doch kein Wort davon. Stattdessen hielt er eine optimistisch gestimmte Ode an die Demokratie, betonte den selbstverständlichen, friedlichen Übergang von einer demokratisch gewählten Regierung zur nächsten, beschwor den Gemeinsinn der USA und die Stärke der Vielfalt.

Ein wenig ratlos hat mich das schon zurückgelassen. Ich glaube, es wird sehr viel mehr brauchen als das, um in den kommenden Jahren die jetzt schon sichtbaren Angriffe auf demokratische Grundrechte wie Pressefreiheit, die gewollte weitere Spaltung der Gesellschaft und die Korruption durch Trumps Familie und ihre Günstlinge sowie die außenpolitische Unberechenbarkeit zu kontern. Woher nimmt Obama seinen Optimismus (oder Naivität gar?) und hält eine Rede, als hieße der nächste Präsident John McCain und sein Stab und Kabinett wären nicht Nazis, Hardliner oder Profitgeier, sondern Republikaner mit Staatssinn wie früher? Warum beschwört er nicht die geringste Gefahr (abgesehen von abstrakten Allgemeinplätzen wie dass die Demokratie dann am gefährdetsten sei, wenn man sie für selbstverständlich hält)?

Aber ich selbst bin ja naiv, denn insgeheim hoffe ich immer noch, dass er und andere in den vergangenen Wochen im Stillen jede Menge Dinge geregelt haben, dass Obama vielleicht schon weiß, dass Bundesbehörden, Geheimdienste oder Militär nicht alles mitmachen werden, vielleicht sogar in der Lage sind, Trump zu demontieren, was weiß ich.

Obama kann man sicher für vieles kritisieren, was in seiner Amtszeit passiert oder gerade auch nicht passiert ist, aber in Summe bleibt der Respekt für einen außergewöhnlichen Politiker. Und für eine ebenso außergewöhnliche Michelle Obama, die nicht nur genauso großartige Reden gehalten hat, sondern auch zusammen mit ihrem Mann einen ganz neuen, modernen und menschlichen Stil von Präsidentschaft vorgelebt hat.

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Ich finde ja, es gibt keine Materialkosten. Deine Materialkosten sind der Lohn eines anderen.

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Bad Staffelstein, oder wie mein Vater sagt: Bad Stachelschwein.

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Fr. Sturmflut denkt über Familiennamen nach und warum sie bei der Heirat den Namen ihres Mannes angenommen hat:

Generationen um Generationen tragen die Frauen die Namen ihrer Väter und ihrer Männer. Eigentlich müsste es also „Vatername“ heißen und nicht „Mädchenname“. Genau, wie ein Teil von mir mit dem Ablegen des Namens meines Vaters verschwindet, so verschwindet ein Teil der Identität aller Frauen und wird zu privater Geschichte, die nach außen nicht mehr ohne Weiteres sichtbar ist. Mit dieser Erkenntnis sehe ich bildhaft die langen Linien der Frauen meiner Familie vor mir und verstehe, wie wenig ich eigentlich weiß.

9 Gedanken zu „12.1. – Elphie, Obama, Vaternamen

  1. Señor Rolando

    Auf keinen Fall möchte ich mir anmaßen, die hohe Kunst der Präsidentenrhetorik bewerten zu können, aber der Grundsatz »Never argue with a fool; he’ll pull you down to his level and then beat you with experience.« scheint doch erstaunlich gut zu passen.

    Oder anders: Wenn jemand das billige Bashing eines Kontrahenten genau dadurch kritisiert und angreift, in dem er es nicht ebenfalls anwendet, dann wirkt das durchaus sehr elegant. Und kraftvoll.

    Nicht?

    1. giardino

      Naja, zwischen billigem Bashing auf Niveau des Gegners und keiner Silbe darüber, was gerade auf dem Spiel steht, gibt es ja schon noch die eine oder andere Nuance. Nuancen, die gerade Obama beherrscht. (Er hätte dazu ja nicht einmal den Namen „Trump“ oder auch nur „president elect“ erwähnen müssen.)

  2. mark793

    Die US-Präsidentschaft ist im Grunde eine konstitutionelle Monarchie mit zeitlich beschränkter Regentschaft. Wie auch immer Obama zu seinem Nachfolger steht, es wäre würdelos und kein guter Stil, den Nachfolger öffentlich als Vollkatastrophe zu dissen oder irgendwelche Drohungen auszustoßen. Schmidt hielt Kohl auch für eine Flachzange, hat es aber mit ein paar Nadelstichen bewenden lassen, denn alles weitere wäre auch unschön auf ihn selber zurückgefallen.

    P.S. Schön dass sie wieder bloggen!

    1. giardino

      Hm. Hab ich mich komisch ausgedrückt? Von Dissen oder Drohungen hab ich keinen Ton gesagt, sie hätten mich im Gegenteil äußerst irritiert. Ich hätte mehr und konkretere Hinweise auf die gerade aufziehenden Gefahren erwartet und klarere Aufforderungen, politische Errungenschaften (selbstverständlich mit demokratischen Mitteln) zu verteidigen. Die Rede war stattdessen merkwürdig abstrakt und kontextlos; man hätte sie (bis auf den Teil mit Social Media vielleicht) auch schon vor 10 Jahren halten können.

      (Danke. Macht auch wieder Spaß. :-)

    2. mark793

      Vielleicht habe ich Ihre Nuancen im Ursprungsbeitrag nicht vollumfänglich verstanden (wie mein Vorredner Senor Rolando womöglich auch).

      Aber im ersten Moment hat mich die Quintessenz seiner Rede („das Land ist in guten Händen“) auch ziemlich gewundert. Was die Gesamtbilanz seiner Amtszeit angeht: Da ich die überzogenen und geradezu messianischen Erwartungen an den „change“ von vornherein ziemlich weltfremd fand, ist es für mich keine große Enttäuschung, dass Obama in vielen Bereichen nicht geliefert hat. Als Typ halte ich ihn nach wie vor für eine ziemlich coole Socke, aber in außenpolitischer Hinsicht hat er keine nennenswert anderen Akzente gesetzt als Bush junior.

  3. Dentaku

    Schöner Link zu den Vaternamen (in dem übrigens ein Leerzeichen zu viel ist, drum funktioniert er nicht auf anhieb). Ich selbst habe ja vor inzwischen 11½ Jahren den Namen meiner Frau angenommen und fühle mich damit gar nicht versteckt oder verschwunden.

    1. giardino

      Danke für den Hinweis, Link ist korrigiert.
      Ich denke, auch wenn die persönliche Empfindung nicht übereinstimmen muss, im Lauf der Jahrhunderte ist da schon etwas dran, an diesem Verschwinden der Frauen. Nicht nur ganz praktisch, für Ahnenforscher.
      Eigentlich unglaublich, dass es die heutigen Wahlmöglichkeiten beim Namen gerade mal gibt, seit wir selbst erwachsen sind.

    2. dentaku

      Ganz richtig. Deshalb fand ich das auch bemerkens- und aufschreibenswert. „Meine“ Kinder werden aber die Traditionslinie brechen und den Mutternamen weitertragen (wenn sie denn wollen).

  4. Michael

    Vielleicht wollte der Herr Obama sich, seinen Landsleuten und dem Rest der Welt einfach noch ein paar halbwegs sonnige Tage schenken? Nein, ich trage schon wieder nachts eine Sonnenbrille, aber ich bin mir absolut sicher, dass da kein einziges Wort Zufall war. In einem Jahr werden wir wissen was genau wie gemeint war.

    Bei den Lohnkosten sind möglicherweise schon im Vorgriff die Materialkosten einer geplanten Obsoleszenz enthalten, die dann aber wiederum… o.k. Lassen wir das.

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